whk1903/04.11.2003
Mit dem Zweiten sieht man besser:
Berliner Polizei organisiert schwule Kindersexparty im ZDFTV-Doku "Am hellichten Tag" ist üble Propaganda gegen Pädo- und Homosexuelle / whk: Behörden sollen Presseanfrage zu SEK-Übergriff bei "Kinderschänder"-Razzia beantworten
Am Dienstag strahlte das ZDF um 22.15 Uhr in seiner Reihe "37 Grad" den Beitrag "Am hellichten Tag" von Manfred Karremann aus, in dem der Journalist ohne konkrete Beweise den Mißbrauch mehrerer minderjähriger Jungen durch pädophile Männer suggeriert. Hierzu erklärt die AG Schwulenpolitik des whk:
Jetzt ist endlich raus, warum Berliner Polizei und Staatsanwaltschaft der whk-Zeitschrift "Gigi" seit vier Monaten die Antwort auf eine dringende Presseanfrage verweigern: Der Einsatz von SEK-Beamten am 6. Juni 2003 in Berlin-Mitte war Teil einer großangelegten Propagandaoffensive gegen homosexuelle Pädophile, deren angeblichen Erfolg sich die Behörden offenbar nicht durch peinliche Nachfragen nach Schwerverletzten verderben lassen wollten. Dies wurde durch die am Dienstagabend im ZDF ausgestrahlte Dokumentation "Am hellichten Tag" offenkundig.
Der überwiegend mit versteckter Kamera gefilmte Beitrag liefert keinen einzigen Beleg für einen konkreten Mißbrauch an Jungen. Dennoch suggeriert der in Kooperation mit der Illustrierten "Stern" von Manfred Karremann erstellte Bericht im Off-Kommentar permanent eine stattgefundene "Kinderschändung" und Sexorgien mit Minderjährigen. So macht das ZDF kurzerhand ein in der Toilette einer Privatwohnung gefundenes Kondom zum "klaren Fall" für einen Mißbrauch, Matratzen mit herumtollenden, nur "scheinbar so fröhlichen Kindern" müssen als "Beweis" herhalten, daß "hier Kindersexparties stattfinden".
Herbeigedichtete Fakten lassen den ZDF-Reporter schließlich auch über das halluzinierte Böse triumphieren: Durch den Einsatz von SEK-Beamten in der Privatwohnung "wird dem Treiben ein Ende gemacht ... Der Mißbrauch ist ans Licht gekommen". Mit solchen Fakes fliegt man von jeder guten Journalistenschule, beim ZDF gelangt man damit neuerdings auf einen prominenten Sendeplatz und beim "Stern" auf den Titel.
Als besonderes Schmankerl fürs "gesunde Volksempfinden" liefert der Beitrag einen bebilderten Steckbrief des gewöhnlichen "Kinderschänders": Er ist offen schwul, nimmts beim Kinderficken mit seiner HIV-Infektion nicht so genau, demonstriert auf dem Berliner CSD für die gute Sache und hört gern Knabenchöre. In Karremanns ebenso schmieriger Printfassung im "Stern" (43/2003) wird ergänzt: "Sie lauern auf Spielplätzen, in Schwimmbädern und Sportanlagen."
Kaum verwunderlich ist, warum der Film mit einer Denunziation ausgerechnet gegen die traditionsreiche "Arbeitsgemeinschaft Humane Sexualität" (AHS) aufwartet, die sich seit Jahren in der Fachwelt unter anderem für einen sachlichen Umgang mit dem Thema Pädophilie einsetzt. In den letzten Wochen hatte die AHS verstärkt vor einer demokratiefeindlichen "Kinderschänder"-Hysterie gewarnt und gehörte zu den energischsten Kritikerinnen der kürzlich von der Bundesregierung vorgenommenen Verschärfung des Sexualstrafrechts. Daß das ZDF die AHS quasi als Dachverband der Pädophilen präsentiert, zeugt von grundlegender Ahnungslosigkeit auf sexualpolitischem Terrain.
Daß der ZDF-und "Stern"-Reporter Karremann verdeckt im Privatwohnungen filmte, die seit langem polizeilich observiert wurden, ist höchst bedenklich. Damit ist klar: Nicht der Autor selbst, sondern das Berliner LKA hat bei diesem TV-Beitrag Regie geführt. Bereits im Zusammenhang mit Fernsehberichten zur "Operation Marcy" war durchweg eine auffällige Nähe von Journalisten zum federführenden LKA in Magdeburg festzustellen. Nicht nur dadurch läßt der ZDF-Beitrag jegliche journalistische Seriosität vermissen. Er widerspricht auch dem Berufsethos, der Journalisten aufgibt, Staatsorgane zu kontrollieren und nicht, sich mit ihnen gemein zu machen, als Zuträger, Denunzianten, V-Männer oder Büttel zu agieren oder gar als Initiatoren und Organisatoren der "dokumentierten" Ereignisse. Obwohl er nicht einmal konkrete sexuelle Gewalt beweisen kann, suggeriert Karremann mit seiner Titelwahl sogar Tötungsverbrechen: "Es geschah am hellichten Tag" hieß 1958 Laislado Vajdos deutsch-schweizerisches Leinwanddrama um einen Kindsmord, das zahlreiche Remakes erlebte, zuletzt 1996 im Auftrag von Sat 1.
Das whk fordert Berliner Polizei und Staatsanwaltschaft nachdrücklich auf, sich endlich an das Berliner Pressegesetz zu halten und die detaillierte Anfrage der whk-Zeitschrift "Gigi" vom 9. Juni 2003 zu beantworten, in der nach den Vorgängen bei dem nun im ZDF gezeigten Einsatz eines polizeilichen Sonderkommandos und auch dem verdeckter Ermittler gefragt wird, als der sich nun vor einem Millionenpuplikum faktisch der Journalist Manfred Karremann zu erkennen gegeben hat. Daß selbst das ZDF von einem Verletzten sprach und einen Krankenwagen zeigte, legt nahe, daß die Informationen der "Gigi"-Redaktion stimmen, wonach es bei der Razzia zu Übergriffen seitens der SEK-Beamten gekommen ist. Das Fachjournal hatte die "ungewöhnliche Scheu" der Behörden bei der Beantwortung seiner Presseanfrage schon in der im September erschienen Ausgabe im Editorial öffentlich gemacht.
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