whk0101/27. 1. 2001
NS-Entschädigung für 1990 gegründeten Lesben- und Schwulenverband LSVD?
whk fordert individuellen Ausgleich für tatsächliche Opfer / Mittäterschaft von LSVD-Sprecher und Ex-Bundesanwalt Bruns bei §175-Verfahren in der BRD
Anläßlich des heutigen Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus forderte der Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland (LSVD) Manfred Bruns ein Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen in Berlin. Darüber hinaus mahnte er "für die Vernichtung der schwulen und lesbischen Bürgerrechtsbewegung durch die Nationalsozialisten" bei der Bundesregierung "einen gerechten Ausgleich in Form einer Stiftung zur Förderung schwul-lesbischer Bürgerrechtsarbeit" an. Dazu erklärt das whk:
Das whk verwahrt sich gegen die auch von Teilen des LSVD betriebene, in der schwulen Mahnmalsdebatte seit Jahren latente Analogisierung der NS-Homosexuellenverfolgung mit der von Juden, Sinti und Roma. Weder in Charakter noch Intensität waren sie annähernd vergleichbar: Seriöse Schätzungen sprechen von 5000-6000 schwulen Opfern gegenüber 6 Millionen jüdischen Opfern und einer halben Million ermordeter Sinti und Roma. Jenseits der Selbstethnisierung der Homosexuellen wird man somit nirgends einer größeren Anzahl homosexueller NS-Opfer gedenken können als am künftigen Mahnmal für die ermordeten Juden Europas. In den 90ern sind zudem von der Homo-Szene akzeptierte Gedenkorte erkämpft worden die vom damaligen SVD "erkämpfte" und von den Opferverbänden mehrheitlich abgelehnte Neue Wache gehört indes nicht dazu. Gerade dort wurde gegen massiven Widerstand aus der Lesben- und Schwulenszene ein würdiges Gedenken vom früheren SVD verhindert.
Als anmaßend bewertet das whk den Ruf nach einer kollektiven Entschädigung, zumal es bisher keine individuelle Entschädigung für tatsächliche Opfer gegeben hat. Das whk weist darauf hin, daß es gerade der LSVD ist, der sich mit dieser Forderung seit Jahren als Nachlaßverwalter einer zerstörten homosexuellen Infrastruktur aufspielt. Dazu versieht er sie permanent in ahistorischer Weise mit seiner Selbstbezeichnung "homosexuelle Bürgerrechtsbewegung". Das whk fordert statt dessen feste, von einer unabhängigen Instanz verwaltete Haushaltstitel für zahlreiche Projekte und Einrichtungen in dieser Szene, die hohen politischen, sozialen und kulturellen Wert haben, aber um ihre Existenz kämpfen müssen. Im Gegensatz zum Grünen-nahen LSVD werden sie nicht von Bundes- und Landesministerien üppig finanziert. Jetzt die nie entschädigten schwulen und lesbischen NS-Opfer zu instrumentalisieren, um an weitere Mittel zu gelangen, hält das whk für unsäglich.
In seiner Erklärung weist Manfred Bruns zu Recht auf die Kontinuität der Schwulenverfolgung in der Bundesrepublik hin bis 1969 nach der verschärften NS-, bis 1994 nach der liberalisierten Fassung des §175. Das whk hielte es für eine späte Geste des Anstandes, würde sich der LSVD endlich von seinem Bundessprecher Bruns trennen, der als Anwalt beim Bundesgerichtshof an dieser Verfolgung beteiligt war und sich davon nie distanziert oder sich dafür gar öffentlich entschuldigt hat.