whk1702/11.12.2002
Frauenfeindliches Rollback in Berlin: Geschützter Ort für Mädchen und junge Frauen ganz oben auf der Streichliste
Das feministische Mädchenzentrum "Double X" in Berlin-Kreuzberg soll abgewickelt werden. whk: Zuständige Stadträtin blufft mit "Sparzwang"
Anfang Oktober wurde der Plan der Jugendstadträtin des Berliner Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, Sigrid Klebba (SPD), bekannt, das feministische Mädchenzentrum "Double X" zum 1. Januar 2003 zu schließen. Anläßlich der Soliparty zu dessen Erhalt am 13. Dezember erklärt die whk-Regionalgruppe Berlin:
Die Kosten der von einer korrupten CDU/SPD-Koalition verursachten Überschuldung werden einmal mehr nicht ihren Verursachern und Profiteuren aufgebürdet, sondern vor allem den Schwächsten der Gesellschaft. Im ärmsten Berliner Bezirk bewirken die massiven Kürzungen u.a. eine weitere Reduzierung der die Senatsvorgaben schon bisher um fast ein Drittel unterschreitenden Kapazität kommunaler Jugendfreizeiteinrichtungen. Von jetzt 46 sollen nur 29 bleiben.
Wenn jedoch die Schließung einer einzigen Einrichtung über 50 Prozent der Einsparung des "Sozialraums" erbringen soll, ohne daß Alternativen zu deren Erhalt auch nur erwogen werden, läßt dies auf politischen Vorsatz schließen. So bluffte Klebba im "Strukturvorschlag 2003" mit einem in "unmittelbarer Nähe" entstehenden "zuwendungsunabhängigen Projekt für Kinder und Jugendliche", wo "ein Schwerpunkt" auch "Angebote für Mädchen" seien. Das ist erstens das Gegenteil eines Zentrums, wo die stets dominanten und oft gewalttätigen Jungen aus gutem Grund keinen Zutritt haben, und zweitens fehlt dem "Kreativhaus" der ominösen, von Kunden der Hamburger Nobelbank M.M. Warburg & Co. gegründeten Stiftung "Jovita" bisher jedes Konzept.
Der Sitz des Double X, die denkmalgeschützte "Villa Kreuzberg", sollte hingegen auf dem Immobilienmarkt verhökert werden. Als sich abzeichnete, daß dies Verluste brächte, wurde von Klebbas Behörde das Standesamt des Bezirks ins Spiel gebracht. Abgesehen davon, daß die Villa dafür viel zu klein wäre, vergaß Frau Klebba plötzlich auch jene "Randlage", die sie zuvor gegen das Mädchenzentrum ins Feld geführt hatte, die aber sein größter Standortvorteil ist: Lärm von Disko oder Probenräumen belästigt keine Nachbarn.
Das whk unterstützt den Widerstand gegen die Schließung des Double X. Jetzt können die Mädchen am Ernstfall beweisen, was sie gelernt haben: Emanzipation bedeutet, einmal erkämpfte Räume gegen Politik und Markt zu verteidigen. Das Double X muß als geschützter Ort, wo sich Mädchen künstlerisch und polytechnisch entfalten können, erhalten bleiben, und das vor allem für die sonst alternativlosen Mädchen mit türkisch-arabischen Hintergrund sowie als einziges Projekt in Berlin für lesbische Mädchen aus Migrantenfamilien im Coming out.
Termin Soliparty: 13. 12. 2002, 20.00 Uhr, Double X, Kreuzbergstraße 62, 10965 Berlin