whk1300/19. 9. 2000
Nichts als Rechts-Ausschuß: Homo-Ehe kein "Projekt der Moderne", sondern "barocke Lösung"
whk: Sondergesetz zur Lebenspartnerschaft in den Sondermüll
Am 19. September 2000 hielt im Verkehrsministerium (!) der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages eine öffentliche Anhörung zu den Gesetzentwürfen der Koalition sowie der FDP zur "Homo-Ehe" ab. Dazu erklärt das wissenschaftlich-humanitäre komitee (whk):
Die Stellungnahmen der von den Fraktionen geladenen juristischen Expertinnen und Experten waren insgesamt niederschmetternd für beide Entwürfe. Während am FDP-Entwurf besonders das Fehlen sozialer Absicherungen bemängelt wurde, übten die unabhängigen Gutachter im Gegensatz zu den beiden Vertretern konservativer Schwulen- und Lesbenvereine grundsätzliche Kritik am Vorhaben der Regierung sowohl formal als auch konzeptionell. Einerseits orientiere man sich an der Ehe, andererseits würden einzelne Rechte (z.B. gemeinsame Adoption) ohne haltbare Begründung verweigert. Ferner wurde kritisiert, daß sich die Koalition offenbar nicht traue, klar zu sagen, daß faktisch allein die Homosexualität der Beteiligten Voraussetzung für das Eingehen dieser Partnerschaft sei. Sogar die von der CDU bestellten Experten, aber auch Rechtspolitiker der CDU-Fraktion monierten, daß Beziehungen hetero- oder nicht-sexueller Art oder solche mit mehreren Partnern, in denen Verantwortung füreinander übernommen werde, von diesem Gesetz ausgeschlossen seien. Nicht nachvollziehbar sei die Einführung eines Sondergesetzes für Lesben und Schwule, wo ähnlicher Regelungsbedarf sehr wohl auch unter Heterosexuellen bestünde. Für die FDP-Fraktion informierte Jörg van Essen u.a. darüber, eine im Auftrage der alten Bundesregierung entstandene und von der jetzigen seit anderthalb Jahren zurückgehaltene Studie der Universität Bamberg habe ergeben, daß zwei Drittel der befragten Lesben und Schwulen das demokratischere Modell der frei delegierbaren Angehörigenrechte ("Wahlverwandtschaften") favorisiere, das auch vom whk präferiert wird.
Besonders blamabel für die Koalition war, daß selbst der von Bündnis 90/Die Grünen geladene Direktor des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg, Prof. Dr. Hein Kötz, den Entwurf als "barocke Lösung" bezeichnete, bei der sich das Bundesjustizministerium "wohl etwas gedacht" habe, man wisse "allerdings nicht genau, was".
Das whk fordert die Koalition auf, das sogenannte Lebenspartnerschaftsgesetz umweltschonend und nachhaltig zu entsorgen und auf eine moderne Lebensformenpolitik umzuschwenken, die nicht neue Diskriminierungen für die meisten Unverheirateten schafft. Wenn SPD und Bündnis 90/Die Grünen schon nicht merken, daß der Entwurf am gesellschaftlich Notwendigen vorbeigeht, dann sollte es ihnen doch wenigstens zu denken geben, daß sie nun selbst von der CDU argumentativ links überholt werden.