whk1002/17.09 2002
Aktionspreise aus dem Feindgebiet
Das whk beglückwünscht die Sonder-Preisträgerinnen des Felix-Rexhausen-JournalistInnen-Preises 2002
Wie das whk erst jetzt erfuhr, verlieh der Bund Lesbischer und Schwuler JournalistInnen (BLSJ) bereits am 7. September in Berlin den Felix-Rexhausen-JournalistInnen-Preis 2002. Ein Sonderpreis ging an Kirsten Andrä und Dr. Katja de Braganca von der Zeitschrift des Verbandes der Körper- und Mehrfachbehinderten "Das Band" für ihr Themenheft "Doppelt anders". Für das whk gratulierte der verantwortliche Redakteur der whk-Zeitschrift "Gigi", Eike Stedefeldt, den Preisträgerinnen mit einem Brief folgenden Inhalts:
Sehr geehrte Frau Andrä,
sehr geehrte Frau Dr. de Braganca,im Namen des whk sowie der Redaktion des von ihm herausgegebenen sexualpolitischen Magazins "Gigi" beglückwünsche ich Sie herzlich zur Auszeichnung mit dem Sonderpreis des Felix-Rexhausen-JournalistInnen-Preises 2002 durch den Bund Lesbischer und Schwuler JournalistInnen (BLSJ).
Als ehrenamtliche Redaktion wissen wir nur zu gut, wie schwer, aber zugleich immens wichtig und angesichts einer immer beliebiger werdenden Presse leider auch notwendig es ist, aus einer marginalisierten Situation heraus journalistische und redaktionelle Maßstäbe für die "große", oft mit ungleich besseren Möglichkeiten ausgestattete Konkurrenz zu setzen. Gegenöffentlichkeit im Sinne der Interessenvertretung von an den gesellschaftlichen Rand Gedrängten und Ausgegrenzten herzustellen, verlangt neben inhaltlicher Kompetenz ein sicheres Gespür für politische Zusammenhänge sowie die Courage, sich mit eigenen Überzeugungen und treffsicheren Fragen in "feindliches Gebiet" zu begeben, selbst wenn dies dort als unerhörte Provokation aufgefaßt oder bestenfalls herablassend belächelt wird. Aber der Fortschritt in der Gesellschaft kommt bekanntlich niemals aus ihrer Mitte, sondern immer von ihren Rändern her.
Eben dies honorierte die Jury Felix-Rexhausen-Preises auch letztes Jahr, als sie unserer Redaktion den Sonderpreis für die beste Einsendung aus dem Bereich der lesbisch-schwulen Zeitschriften zusprach: "Die Jury war überrascht, ein so unabhängiges Magazin zu finden: Ganz abgesehen von eigenen politischen Orientierungen, möchten wir mit dieser Auszeichnung auch den Mut loben, unbequem zu sein und unbequem zu bleiben. Zwei wichtige Punkte sind der Jury aufgefallen: Gigi greift Themen auf, über die bereits ein vermeintlicher Konsens in der Gesellschaft besteht (wie z.B. bei der so genannten Homo-Ehe) und zeigt hervorragend recherchiert kritische Perspektiven auf. Gigi ist aber auch eine Zeitschrift, die sich neuen Themen zuwendet und Diskussion und Erkenntnis darüber vorantreibt. Der Preis soll auch Ansporn sein, diese Arbeit weiter zu machen."
Wir denken, das gilt ebenso für Ihre Zeitschrift. Gern hätten wir Ihnen darum, zumal am Sitz unserer Redaktion, persönlich zu der Auszeichnung gratuliert. Doch nach dem Affront bei der letztjährigen Preisverleihung in Köln, als der Vorstand des BLSJ den Mitgliedern unserer Redaktion nicht einmal gratulierte, sich in der Pressekonferenz offen von der Jury-Entscheidung distanzierte und den Sonderpreis im weiteren verschwieg, war kaum mit unserer Einladung zur diesjährigen Verleihung zu rechnen dazu ist unsere Zeitschrift denn wohl doch zu kritisch und unabhängig. Gerade deshalb ist es uns ein Bedürfnis, Ihnen nachträglich unsere Anerkennung auszusprechen. Wir dürfen Ihnen auch versichern, daß wir in unserem kommenden Heft die Preisvergabe an Sie mitteilen werden.