whk0802/17.07 2002
Homo-Ehe: Karlsruher Urteil stützt "Keimzelle des Staates"
Gleichgeschlechtliche Partnerschaften als zweitrangig festgeschrieben/ whk: Koalition probt Volksgesundheit per Sondergesetz
In Sachen "Homo-Ehe" hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts heute sein Urteil in den Normenkontrollverfahren der Landesregierungen von Bayern, Sachsen und Thüringen über das Lebenspartnerschaftsgesetz verkündet (1 BvF 1/01, 1 BvF 2/01). Hierzu erklärt die AG Lebensformenpolitik des whk:
Die Karlsruher Richter begründen die Verfassungskonformität der im August 2001 in Kraft getretenen Regelung mit einem aufschlußreichen Argument: Durch die Einführung der Registrierten Partnerschaft, so das BVerfG, habe der Gesetzgeber keineswegs "ein mit der Ehe austauschbares Institut mit derselben Funktion und etwa gleichen Rechten oder geringeren Pflichten" geschaffen. Damit ist nun auch höchstrichterlich klargestellt, daß die sogenannte Homo-Ehe gerade deshalb unbeanstandet bleibt, weil sie gegenüber der heterosexuellen Ehe ein Institut minderen Rechts darstellt und somit letzendlich einen Akt der neuerlichen Diskriminierung Homosexueller. Denn wer sich verpartnert, bekommt viele Pflichten und wenige Rechte. Daran wird sich auch nach einem möglichen Wahlsieg von SPD und Grünen nichts ändern: Die CDU/CSU hat notwendigen Zusatzregelungen im Bundesrat bereits jetzt eine Abfuhr erteilt. Größer hätte die Blamage für die Gleichstellungspolitik der Regierungsparteien kaum ausfallen können.
Geradezu entlarvend sind die vom BVerfG in seiner Urteilsbegründung wiedergebenen Statements von Prozeßbeteiligten. Während der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) in seiner Stellungnahme sogar die Ehe als "Keimzelle des Staates" bemühte, erklärte die Bundesregierung, mit der Eingetragenen Lebenspartnerschaft werde kein "Verführungsdruck" im Hinblick auf die Homosexualität ausgeübt: "Nach dem gesicherten Stand sexualmedizinischer Wissenschaft", so zitiert das BVerfG die Bundesregierung, "könne man zur Homosexualität weder erzogen noch verführt werden, sie erwachse vielmehr aus einer starken biologischen Prädisposition". In unseliger Tradition versteht die Bundesregierung ihr Werk offenbar allen Ernstes als Lösung für ein medizinisches Problem: Volksgesundheit per Sondergesetz.
Bemerkenswert ist die abweichende Stellungnahme der BVerfG-Richterin Haas, die die vom Ersten Senat vorgenommene Prüfung als zu "eingeschränkt" kritisierte: "Die Auffassung der Senatsmehrheit, Art. 3 Abs. 3 GG sei nicht verletzt, weil an die Bindung zweier Personen und nicht an das Geschlecht angeknüpft werde, ist wenig überzeugend. Denn Voraussetzung für das Eingehen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft mit einem bestimmten Partner ist die Zugehörigkeit zu dessen Geschlecht." Auch sei "nicht erkennbar geworden, daß zwischen Einstandsgemeinschaften von Geschwistern und Verwandten jeweils gleichen Geschlechts und anderen Lebenspartnerschaften, denen die Rechtsform der eingetragenen Lebenspartnerschaft eröffnet ist, Unterschiede von solchem Gewicht bestehen, daß es gerechtfertigt ist, für die beiden erstgenannten Personengruppen ein vergleichbares Regelungsbedürfnis ihrer Beziehungen zu verneinen und ihnen die Eingehung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft zu versagen."