whk0703/10.04.2003
Im Mai Himmelfahrt für eurogay magazin?
Indizien für Einstellung des QUEER-Nachfolgeblattes mehren sich
Nur drei Monate nach Einstellung der bundesweit größten Homozeitschrift "Queer" steht nun offenbar deren Nachfolgeblatt eurogay magazin vor dem Aus. Hierzu erklärt die AG Schwulenpolitik des whk:
In der Kölner und Hamburger Homo-Szene mehren sich die Anzeichen, daß das von der Hamburger Eurogay Media AG herausgegebene eurogay magazin nur drei Monate nach seinem Start schon wieder eingestellt werden soll. Wie das whk heute aus schwulen Wirtschaftskreisen erfuhr, soll das Monatsblatt bereits mit der kommenden Mai-Ausgabe zum letzten Mal erscheinen.
Auf eine Anfrage der vom whk herausgegebenen Zeitschrift Gigi wollte der Eurogay-Vorstand Content & IT und Online-Chefredakteur Hendrik Knopp dies allerdings nicht bestätigen. "Darüber liegen uns keine Informationen vor", erklärte Knopp gegenüber Gigi. Aus dem Eurogay-Umfeld wird jedoch glaubhaft von Krisensitzungen in der Hamburger Zentrale berichtet.
Die selbst wirtschaftlich angeschlagene Eurogay AG (seit 2001 gab es einen drastischen Stellenabbau) hatte die chronisch defizitäre QUEER erst im Januar 2003 nach deren Konkurs übernommen und weiter abgespeckt. Vom bundesweiten Vertriebsgebiet blieben dem Blatt zunächst vier, dann nur noch drei Regionen. Die April-Ausgabe des eurogay magazins fiel inklusive seinen Lokalausgaben bereits um rund 40 Seiten dünner aus als regionale Konkurrenzblätter in Berlin und Köln. Lücken im regionalen Anzeigenteil füllte das Magazin mit Eigenwerbung und Firmeninseraten ehemaliger Vorständler der QUEER AG. Auch die Rechtsanwaltskanzlei des Eurogay-Aufsichtsratsvorsitzenden Thomas Wülfing warb dort für ihre Dienste.
Wie der von einer beispiellosen Pleitewelle überrollte Kölner Homo-Klüngel ist auch die Eurogay Media AG eng mit politischen Machtinteressen verknüpft. So ist der Bürgerschaftsabgeordnete Farid Müller laut eigener Aussage bei "Deutschlands größtem schwulen Medienhaus" für das Marketing zuständig. In seiner Fraktion betreut Müller die Ressorts Wirtschaft, Medien sowie Schwulen- und Lesbenpolitik und ist außerdem Mitglied der Medienkommission des Bundesvorstandes von Bündnis 90/Die Grünen. Der Eurogay-Aufsichtsratsvorsitzende Thomas Wülfing verfügt hingegen über enge berufliche Kontakte zu Hamburgs Erstem Bürgermeister Ole von Beust (CDU). Gemeinsam mit dem nicht offen heterosexuellen CSD-Schirmherrn gründete Wülfing 1983 eine Anwaltssozietät, die bei "speziellen Problemstellungen" im Steuer- und Wirtschaftsrecht berät.
Für das whk steht die womögliche Einstellung des eurogay magazins im Zusammenhang mit veränderten Kräfteverhältnissen im schwulen Medienbereich. So soll die das Kölner Szeneblatt RiK herausgebende Firma Mattei Medien nach Informationen des whk bereits ein bundesweites Magazin planen, um das eurogay magazin beim Kundenfang zu beerben.
Rückfragen: 0180/4444945
Hinweis: Den Hintergründen um die Pleite des eurogay-magazin-Vorgängers QUEER widmet die aktuelle Ausgabe der sexualpolitischen Zeitschrift Gigi ihren Schwerpunkt "Ich kaufe ein Q Die verlorenen Aktien der 'Queer Community'". Bestellungen bitte direkt an die Redaktion.