whk0701/31. 7. 2001
Hurra, Deutschland erfaßt wieder Homosexuelle!
whk ruft zum Boykott der Lebenspartnerschaft auf
Am 1. August 2001 tritt das Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (LPartG) in Kraft. Anläßlich dieses historischen Datums erklärt die AG Lebensformenpolitik des whk:
Nur sieben Jahre nach Abschaffung des letzten diskriminierenden Sondergesetzes für Homosexuelle, des § 175 StGB, erfahren Homosexuelle in der Bundesrepublik wieder eine rechtliche Sonderbehandlung. Mit dem LPartG dokumentiert der Gesetzgeber diesmal im unverdächtigen Zivilrecht, daß er gleichgeschlechtliche Lebensweisen weiter für minderwertig erachtet. Wo weniger Rechte als für heterosexuelle Ehen gewährt werden, kann von Normalität oder gar Gleichstellung keine Rede sein.
Im Gegenteil ist das Gesetz nicht Ausdruck von Akzeptanz, sondern repressiver Toleranz: Wer sich anpaßt, erhält die staatliche Legitimation, verbunden mit vielen Pflichten und wenigen Privilegien. Damit verweist die Koalition all jene, die sich nicht ins Ehekonzept pressen lassen, auf einen niedrigeren Rang in der gesellschaftlichen Hierarchie. Im schwulen Bereich ist der Druck der neuen Norm bereits drastisch spürbar in Form zunehmender staatlicher Übergriffe auf Einrichtungen der schwulen Sexualkultur sowie deren mediale Her-abwürdigung und letztlich Kriminalisierung.
Das whk als Wiedergründung der von den Nazis zerschlagenen, weltweit ersten sexualpolitischen Organisation hat ein solches entwürdigendes Homosexuellengesetz stets bekämpft. Denn notwendig ist das LPartG keineswegs, um nichtehelichen Lebensweisen grundlegende Angehörigenrechte zu verschaffen (dies war bereits notariell möglich), sondern um abweichende Sexualitäten zu kontrollieren und zu disziplinieren. Die nun vorgeschriebene gesonderte Erfassung homosexueller Paare bei den Ämtern bezeugt dies.
Angesichts der rasanten Erosion des Datenschutzes, der nach der Anpassung an EU-Richtlinien den Behörden die Erhebung und Weitergabe von Angaben zum Sexualleben ausdrücklich erlaubt, kann das whk Lesben und Schwule nur eindringlich vor der Selbstanzeige beim Staat warnen. Nicht zuletzt aus geschichtlicher Erfahrung heraus ruft das whk zum Boykott der Lebenspartnerschaft auf: Niemand weiß, wozu Rosa Listen letztlich wirklich benutzt werden. Auch nicht mit solchen, die unter Normdruck und Erpressung "freiwillig" zustande kommen. Sondergesetzen folgt aber mit Notwendigkeit immer Sonderbehandlung und Diskriminierung.