whk0606/20.02.2006
Sensible Personendaten von "Rosa Listen"-Gegnern ergaunert?
Vom whk kritisierte Kampagne stop-rosa-listen.de spurlos verschwunden / whk: Protestunterschriften gegen Homosexuellenregister wurden nie übergeben
Seit Mitte Dezember 2005 ist die vom whk bereits im vergangenen Sommer als höchst unseriös kritisierte Internet-Kampagne stop-rosa-listen.de spurlos verschwunden. Hierzu erklärt das whk:In der Schwulenszene bahnt sich ein handfester Datenschutzskandal an. Seit Mitte Dezember ist die Ende Juli 2005 gestartete und gegen die Speicherung von Homosexuellen in Polizeidateien gerichtete Unterschriftenkampagne stop-rosa-listen.de spurlos aus dem Internet verschwunden und mit ihr detaillierte Adreßdaten von etwa 1.900 Rosa-Listen-Gegnern.
Wer die Seiten der Kampagne zum Jahreswechsel ansteuerte, landete bei einer in Wendlingen/Neckar ansässigen Firma namens Synnet Internet Services und dem tröstenden Hinweis "Hier entsteht derzeit die Internet Präsenz von stop-rosa-listen.de. Bei Fragen ... wenden Sie sich bitte an info@stop-rosa-listen.de". Eine Anfrage zum plötzlichen Verschwinden der Kampagne und zum Verbleib der Adreßdaten der Kampagnenunterstützer blieb sowohl bei der Firma Synnet als auch bei den ursprünglichen Kampagnenbetreibern, Carsten Wawer und Oliver Zeisberger von der nordrhein-westfälischen SPD, ohne jede Reaktion.
Nach der unbeantworteten whk-Anfrage zog die Domain allerdings erneut um. Im Impressum wird nun die von einem Diplom-Kaufmann Martin Steinkamp geleitete und beim Handelsregister Osnabrück angemeldete Firma os3.com GmbH angegeben. Auf der Seite findet sich seit nunmehr lediglich der Hinweis, daß die Seite wegen "dringender Wartungsarbeiten am Server und einer Layout-Umstellung ... im Augeblick nicht erreichbar" sei. Interessenten werden seit Wochen mit dem unverbindlichen Hinweis vertröstet: "Bitte schauen sie in ca. einer Woche wieder rein oder nutzen Sie die Websuche um die gewünschten Informationen zu finden."
Brisant ist das Abtauchen der Kampagne deshalb, weil mit ihr auch etwa 1.900 Adreßdaten von vermutlich überwiegend homosexuellen Unterzeichnern des Aufrufs gegen die Rosa Listen verschwunden sind. Die Organisatoren der Kampagne, Wawer und Zeisberger, zwei in der Schwulenszene völlig unbekannte Internetunternehmer aus dem engsten PR-Umfeld der nordrhein-westfälischen SPD-Spitze, hatten die Protestunterschriften angeblich "irgendwann" der Politik übergeben wollen, wie sie seinerzeit gegenüber dem skeptisch gewordenen whk erklärten. Da dies ganz offensichtlich nicht geschehen ist, stellt sich für das whk die Frage, zu welchem Zweck die beiden mit schwulenpolitischen Themen und der Schwulenszene selbst augenscheinlich nicht sonderlich gut vertrauten Kampagnenbetreiber die Protestunterschriften überhaupt sammelten und was mit den sensiblen Daten geschehen ist.
Die Kampagnenbetreiber haben der Öffentlichkeit weder mitgeteilt, warum die Kampagne so sang- und klanglos eingestellt wurde, noch ob die elektronischen Daten mit den nicht übergebenen Unterschriften ordnungsgemäß vernichtet worden sind. Wer den Aufruf gegen die polizeilichen Rosa Listen in gutem Glauben unterzeichnete, muß nun befürchten, daß persönliche Daten über Wohnort, eine bestimmte politische Einstellung sowie mögliche sexuelle Präferenzen in unbefugte Hände geraten sein könnten.
Das whk hatte bereits am 3. August 2005 in einer längeren Pressemitteilung auf die augenfälligsten Merkwürdigkeiten der von Teilen der Homoszene unterstützten und propagierten Kampagne hingewiesen und vor einer Unterschrift gewarnt. Daß die Kampagnenmacher neben dem Namen unbedingt die genaue Postleitzahl und den Wohnort von Unterzeichenden zu erfahren trachteten und nicht etwa ein gesellschaftliches oder (homo-)politisches Engagement der Unterstützer, roch schon damals nach einem Versuch der Schnüffelei. Anhand von Postleitzahl und Name lassen sich ohne weiteres die genaue Wohnadresse von Unterzeichnern rekonstruieren ein gefundenes Fressen nicht nur für etwaige amtliche Datenschnüffler. Das whk hatte im vergangenen Sommer seine Verwunderung darüber geäußert, daß die Kampagne ausgerechnet aus dem PR-Umfeld jener Partei lanciert wurde, die über das von ihr jahrelang geführte Innenministerium in Düsseldorf für den Rosa Listen Skandal in Nordrhein-Westfalen immerhin die maßgebliche politische Verantwortung trug (vgl. www.whk.de/whk2705.htm).
Das whk rät Unterzeichnern der Kampagne, die Zweifel an der ordnungsgemäßen Verwendung beziehungsweise eventuellen Vernichtung ihrer Daten haben, sich an die zuständige Datenschutzbehörde in Düsseldorf zu wenden und dort ihre Recht auf informationelle Selbstbestimmung geltend zu machen. Das whk wird unterdessen den NRW-Datenschutzbeauftragten bitten, einen möglichen Verstoß gegen das Datenschutzgesetz durch die Kampagne stop-rosa-listen.de und deren Betreiber, die von Zeisberger geleitete Kölner Internetfirma barracuda GmbH zu untersuchen. Ebenfalls prüft das whk Möglichkeiten einer Strafanzeige wegen Datenmißbrauchs gegen Zeisberger, Wawer und die barracuda GmbH. Wer Unterschriften gegen Rosa Listen sammelt, darf sich nicht einfach selber mit solchen Listen davonmachen.Rückfragen: 0180/4444945 (Dirk Ruder)