whk0604/16.06.2004
Deutscher Gruß vom Kölner Lesben- und Schwulentag
"Cologne Pride" am 4. Juli wird vom Nazi-Lieblingslabel "Lonsdale" gesponsert / Offizielles CSD-Programmheft gibt Wahlhilfe für rechtes Bündnis "Pro Köln"
Im Programmheft des "Cologne Pride 2004" rechtfertigt der veranstaltende Kölner Lesben- und Schwulentag (KLUST) die Kooperation mit der Modemarke "Lonsdale" und stellt das rechte Bündnis "Pro Köln" als mögliche Alternative bei der nordrhein-westfälischen Kommunalwahl am 26. September vor. Hierzu erklärt die AG Schwulenpolitik des whk:
Es gehört schon einiges an Chuzpe dazu, das Sponsoring der Kölner Homoparade CSD durch das in der Nazi-Szene beliebte Modelabel "Lonsdale" allen Ernstes als "positives Zeichen für die Akzeptanz von gesellschaftlichen Minderheiten" zu verkaufen, wie es der veranstaltende Kölner Lesben- und Schwulentag (KLUST) im offiziellen CSD-Programmheft hinbekommt. Die Entscheidung des KLUST für einen derart umstrittenen Sponsor ist mehr als instinktlos und setzt für den Christopher Street Day in Köln ein verheerendes politisches Signal. Die Marke "Lonsdale" wird vor allem in der rechten Skinheadszene wegen der auf die Hitler-Partei NSDAP verweisende Buchstabenfolge NSDA im Labelnamen getragen. Als Botschafter homosexuellen Selbstbewußtseins ist die Marke damit für alle Zeiten ungeeignet.
Obwohl der KLUST freimütig einräumt, "Lonsdale" könne "irgendwie für rechte Gesinnung und Menschenfeindlichkeit" stehen, habe man sich "trotz anfänglicher Bauchschmerzen" und trotz möglicher "Irritationen in der Community" für eine Kooperation mit dem "heikel erscheinenden Partner" entschieden. Als Gründe reichten dem KLUST offenbar Geldnot und die marktstrategisch durchsichtige Erklärung von "Lonsdale", sich "ganz deutlich von dem gefährlichen Gedankengut ihrer rechtsradikalen Käufergruppe" zu distanzieren.
Dabei weiß jeder Pennäler, daß es für ein kapitalistisch arbeitendes Unternehmen keine unerwünschten Käufergruppen gibt, und seien es rechtsextreme. Auf den naheliegenden Gedanken, daß es den Strategen der vor mehr als hundert Jahren in London gegründeten Marke mit ihrer Distanzierung vielleicht weniger um Homofreundlichkeit als um Profitmaximierung und eine aus PR-Gründen gewünschte Imagekorrektur gehen könnte, kommt der für schlichte Botschaften von Jahr zu Jahr empfänglicher werdende KLUST nicht.
Der KLUST setzt aber noch eins drauf und erklärt, die "teilweise öffentlich so wahrgenommenen Kombination aus 'Lonsdale' und Rechtsradikalismus" sei nichts als eine "Mogelpackung" und damit ganz "im Sinne unserer diesjährigen Mottokampagne", die unter der Parole "Schluß mit den Mogelpackungen!" läuft. Dank des KLUST macht "Lonsdale" nun nicht nur bei Nazi-Skins fröhlich Kasse, sondern sahnt mit pinkfarbenen T-Shirts gleichzeitig auch bei den von rechten Schlägern bei Bedarf zusammengedroschenen Homosexuellen ab. Die perfide Marktstrategie wird dem staunenden Publikum als freundlicher Akt der Toleranz verkauft: "Lonsdale likes every colour". Mal braun, mal rosa: je nach Saison eben.
Dazu paßt, daß der KLUST szeneinternen Kritikern seiner Entscheidung, gemeinsam mit "Lonsdale" eine T-Shirt-Kollektion herauszugeben, eine "unbewußte (!) Abwehrhaltung" gegen die Modemarke andichtet. Damit verleiht der KLUST dem diesjährigen CSD nach Ansicht des whk zweifellos auch in der rechten Szene "eine ungeheuere Strahlkraft" (KLUST): Zum ersten Mal können hintenrum verkehrende Nazi-Skinheads stolz an der Homoparade teilnehmen, ohne Gefahr zu laufen, gleich an der Klamottenmarke erkannt und aus der Parade entfernt zu werden.
Eine gleichermaßen famose Rückkehr zu mehr "politischem Anspruch" dokumentiert der KLUST auch in einer Parteienbefragung im CSD-Programmheft. Die ausdrücklich an die "schwul-lesbische Gemeinschaft" gerichtete "kleine 'Hilfestellung' für Eure Wahlentscheidung am 26. September bei der Kommunalwahl" in Nordrhein-Westfalen listet auch das rechte Wahlbündnis "Pro Köln" auf. Erst vor zwei Jahren hatte die Partei des bekannten Neofaschisten Manfred Rouhs versucht, die Kölner CSD-Parade mit einer homophoben Gegendemonstration zum "Sittenverfall" in der Domstadt zu verhindern, wogegen der KLUST mit gutem Recht zu auch vom whk unterstützten Protesten aufrief. Im CSD-Programmheft 2004 nun befragt der KLUST die rechte Partei tatsächlich nach ihren kommunalpolitischen Absichten.
"Pro Köln" fordert auf seiner Homepage unterm Motto "Für ein freies weltoffenes Köln" eine knallharte Repressionspolitik, etwa gegen Sozialhilfeempfänger, Obdachlose und Stricher. Für "jugendliche Roma-Klau-Kids", die "seit Jahren die Stadt terrorisieren", für Asylbewerber "und andere Illegale" fordert die Lokalpartei "die konsequente Abschiebung". Zur "uneingeschränkten rheinischen Offenheit" zählt für "Pro Köln" vermutlich auch das "NEIN zu Multi-Kulti" oder zum Bau von "Groß-Moscheen": "Wir sind nicht der Meinung, daß Kölns Stadtbild künftig von Minaretten bestimmt werden soll", heißt es dort beispielsweise. Im CSD-Programmheft schließlich darf "Pro Köln" unkommentiert verbreiten, sich den erklärten Moslemhasser "Pim Fortuyn, wenn er noch leben würde, als Spitzenkandidat" vorstellen zu können: Hauptsache der Führer ist schwul.
Die Vorgänge um den diesjährigen CSD sind nicht zuletzt Ausdruck von Verhältnissen innerhalb der Homoszene. So haben Homo-Medien und mit staatlichen Geldern finanzierte Migrations- und Antigewaltprojekte bürgerlicher Schwulenvereine in den letzten Monaten in ungewöhnlich starkem Maße Fremdenfeindlichkeit geschürt. Bereits im letzten Jahr war offiziellen Programmheft der bundesweiten CSD-Koordination unwidersprochen vom "arabischen Mob" die Rede. Vertreter der Szene haben Moslems zudem als "öffentliche Gefahr" bezeichnet, gegen die sich schwule Burgerrechtspolitik "zu verwahren habe".
Das whk macht auch darauf aufmerksam, die KLUST-Pressesprecher Jürgen Ulrich (FDP) bereits vor einem Jahr in einem Leserbrief an die whk-Zeitschrift Gigi (Nr. 27, September/November 2003) das politisches Credo seiner Arbeit postulierte: "Wir haben auch als Schwule das Recht, gut liberal, gut 'rechts-liberal' zu sein." Mit Verweis auf den im vergangenen Jahr erfolgreichen alternativen CSD des Bündnisses "Queergestellt" hatte Ulrich erklärt, er würde "Pickel kriegen", müßte er einen linken CSD mitfeiern.
Mit Rücksicht auf die empfindliche Gesichtshaut des Herrn Ulrich und aus politischem Anstand wird das whk in diesem Jahr zum ersten Mal seit seinem Bestehen nicht mit einer Fußgruppe am Kölner CSD teilnehmen.
Rückfragen: 0180/4444945