whk0602/14. 6. 2002
Tolle Preise winken!
AG Cabaret des whk gratuliert Magnus Hirschfeld zur Manfred-Bruns-Medaille
Heute wurde bekannt, daß dem von den Nazis enteigneten und ins Exil getriebenen jüdischen Sexualwissenschaftler Magnus Hirschfeld die Manfred-Bruns-Medaille der Deutschen Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Sexualforschung (DGSS) zuerkannt wurde. Hierzu erklärt Moulin Rouge, die AG Cabaret im, beim und ums whk:
Wer war Manfred Bruns? Bruns war einer jener Menschen, die lebenslang danach trachteten, durch Wissen zur Gerechtigkeit zu gelangen. Dies wurde jedoch erst 1994 breiteren Kreisen bekannt, als ihm völlig überraschend das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen wurde.
Bereits damals lobte das nicht ohne Grund nach dem jetzigen Preisträger benannte Schwulenmagazin "magnus" den seit 1969 als Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe tätigen und 1978 zum Bundesanwalt ernannten Bruns: Er sei bis zu seiner Pensionierung "ein treuer Staatsdiener geblieben, der bei seiner Arbeit stets peinlich genau die Buchstaben des Gesetzes befolgte". Es zitierte ihn mit den würdigen Worten: "Das zeichnet mich aus, daß ich nie den Staat als solchen abgelehnt habe Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, daß ich bei Strafverfahren nach §175 mitgewirkt habe, sofern sie in meine Zuständigkeit fielen, weil ich davon ausgehe, das war ein Gesetz, und solange das Gesetz in Kraft ist, muß man es respektieren." Bruns' Name wird somit untrennbar verbunden bleiben mit der bis heute ungesühnten staatlichen Homosexuellenverfolgung in der Bundesrepublik, um die er sich persönlich verdient gemacht hat.
Es war geradezu notwendig für das Selbstverständnis unserer Republik, daß Bruns nach Pensionierung und später Abkehr von der unglücklichen heterosexuellen Neigung seine Karriere in der Führung des staatlichen Homosexuellenverbandes SVD (heute LSVD) fortsetzte. Nach einer großen persönlichen Niederlage der Abschaffung des §175 statt der von ihm präferierten Reformierung zum Antragsdelikt stellte er seine ganze juristische Erfahrung in den Dienst der Wiederaufnahme des Registrierungsmerkmals "Homosexualität" in ein deutsches Gesetzeswerk. Diesen historischen Erfolg durfte Bruns noch selbst erleben: Am 62. Jahrestag der Reichspogromnacht hatte sich mit dem Bundestagsbeschluß zur Eingetragenen Lebenspartnerschaft sein persönliches Lebenswerk in einem neuen Sondergesetz vollendet.
Im April verliehen die schwulen Manager vom Völklinger Kreis ihren nach einem Weggefährten von Magnus Hirschfeld benannten Max-Spohr-Preis zum zweiten Mal an ein verdientes Unternehmen des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937. Erst vor wenigen Tagen wurde die feste Absicht der rot-grünen Bundesregierung bekannt, über die Gründung einer Magnus-Hirschfeld-Stiftung das private Eigentum von NS-Opfern als kollektive Entschädigung in die offenen Hände treuer Homophilenvereine zu legen. Zuvor hatte sie jede Rehabilitierung von Männern definitiv abgelehnt, die in der Bundesrepublik unter Mitwirkung von Oberstaatsanwälten wie Bruns nach §175 verfolgt wurden. Vor diesem Hintergrund begrüßt die AG Cabaret des whk die Entscheidung der DGSS als konsequent und richtungsweisend. Herzlichen Glückwunsch, Magnus!
Rückfragen: 0180/4444945 (Liesl Karstadt oder Pia F. verlangen)