whk0403/30.01.2003
Großstadt gewinnt Profil
Homo-Pleitewelle rollt weiter/whk: Einstellung des Stadtmagazins gip ist intellektueller Gewinn für Homo-Szene
Das kostenlose Homo-Magazin "gip" aus Berlin ist, wie seit dem verstrichenen Erscheinungsdatum Mitte Januar allgemein vermutet wurde, vom Markt verschwunden. Hierzu erklärt die Berliner whk-Gruppe:
Nachdem die Insolvenz der Kölner QUEER AG am 20. Januar die Szene vom gleichnamigen, bundesweit auflagenstärksten Lesben- und Schwulenblatt befreite, wurde sie nun laut Aussagen von Anzeigenkunden, die keine Belegexemplare und Rechnungen mehr erhalten haben, von einer weiteren kostenlos ausliegenden Drucksache erlöst. Offenbar hatten die Götter des Marktes den Sinn fürs politische Notwendige.
Das ursprünglich als gay-press.de von der Bieniek Verlags- und Medien GmbH verursachte Organ war erstmals im April 2000 als Folgeblatt des eingestellten Gay Express erschienen. Es ging in Berlin, Hamburg und Frankfurt/Main auf den Anzeigenstrich, bevor es sich ab April 2002 auf die Hauptstadt beschränkte. Im Juni 2002 folgte wegen Verletzung von Titelrechten die letzte Umbenennung in gip ("Großstadt im Profil").
Tatsächlich jedoch lieferte das Blatt unter der Chefredaktion seines Verlegers Jürgen Bieniek einen in jeder Hinsicht profillosen Gefälligkeitsjournalismus. Politprominenz gab es allenfalls Stichworte zur Selbstdarstellung, die redaktionelle Grundhaltung war konservativ und staatstreu. Deshalb fanden in gip die Verlautbarungen des parteigrün dominierten Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland (LSVD) ein williges Sprachrohr. Ungeniert brach gip auch mit den Konventionen des Deutschen Presserates zur Schleichwerbung. So kaufte DaimlerChrysler im Juli 2002 den Rücktitel zur Werbung für denselben Wagen, den zufällig auch das Titelfoto zeigte.
Für das Berliner whk ist das Ende von gip ein weiterer wichtiger Schritt gegen die politische Verdummung der homosexuellen Szene. So bescheinigte gip-Verleger Bieniek, der damals auch Pressesprecher des Berliner CSD war, ehe-kritischen Homo-Gruppen, ihre Ablehnung der Eingetragenen Partnerschaft sei "DVU-kompatibel". Dies ausgerechnet von einem, dessen Texten eine Analyse der whk-Zeitschrift Gigi im August 1999 antisemitische Argumentationsmuster nachgewiesen hatte. Dies hatte zu einer Strafanzeige Bienieks gegen mehrere whk-Mitglieder wegen Verleumdung geführt, die er der Öffentlichkeit annoncierte. Daß das Ermittlungsverfahren als unbegründet eingestellt wurde, verschwieg Bieniek jedoch wohlweislich.
Die derzeitige Pleitenwelle im Homo-Bereich wie die Situation auf dem Werbemarkt bestärken das Berliner whk in der vagen Hoffnung, daß es zu keiner der in Szenekreisen vermuteten weiteren Wieder- und Neugründungen in diesem politisch und publizistisch nutzlosen Segment kommt.
Nachfragen richten Sie bitte nicht an das whk; weitere Informationen finden Sie wahrscheinlich unter www.gay-press.de