whk0302/1. 5. 2002
PDS Sachsen: Totengräberin moderner Lebensformenpolitik
Am 4. Mai entscheidet in Grimma eine Delegiertenversammlung über die sächsischen PDS-KandidatInnen zur Bundestagswahl, wobei es auch um das Mandat der parteilosen Christina Schenk geht. Hierzu erklärt die AG Lebensformenpolitik des whk:
Am 9. April wurde der Landeslistenvorschlag des Vorstandes der PDS Sachsen veröffentlicht. Mit Empörung haben wir zur Kenntnis genommen, daß angesichts von maximal 7 in Sachsen erreichbaren Mandaten Christina Schenk (MdB) nur einen aussichtslosen 10. Listenplatz zugewiesen bekam. Wir empfinden dies zunächst als persönlichen Affront gegen die Parteilose, die der PDS über den Bundestag hinaus überhaupt erst ein lebensformenpolitisches Gesicht jenseits überkommener Familienbegriffe verlieh.
Die Plazierung Schenks illustriert jedoch auch, welchen Wert der PDS-Landesvorstand grundsätzlich einer feministisch geprägten Lebensformenpolitik beimißt: nämlich keinen. Andererseits katapultierte er nicht die bekannteste offen lesbische Politikerin in Deutschland aus dem Parlament, die ihre Sympathien durch richtungsweisende Initiativen (Wahlverwandtschaften, Kindschaftsrecht, Trans- und Intersexuelle, individuelle Entschädigung aller Opfer des §175) und nicht mit populistischen Themen à la Homo-Ehe gewann.
Für uns macht dieser Listenvorschlag abermals den Paradigmenwechsel der PDS in ihrem Drang an die Katzentische der Macht sichtbar. Es geht weg von neuen, das Individuum in den Mittelpunkt rückenden Konzepten des Miteinanderlebens hin zur traditionellen Familienpolitik für ein sozialistisches Kleinbürgertum.
"Sie können davon ausgehen, daß die PDS auch künftig mit all ihren politischen und insbesondere parlamentarischen Möglichkeiten solidarisch an Ihrer Seite sein wird", versicherte noch vor anderthalb Jahren Parteivorsitzende Gabriele Zimmer der AG Lebensformenpolitik des whk in einem Brief. Ob dieser Satz eine Lüge war, wird sich drastisch daran erweisen, ob am 4. Mai die PDS Sachsen Christina Schenk auf einen sicheren Listenplatz setzt. Für die PDS-Fraktion im Bundestag bot die parteilose Abgeordnete die einzig denkbare Variante einer Zusammenarbeit mit sexualpolitischen Basisgruppen wie dem whk, die Parteien als solchen überaus distanziert begegnen. Die PDS Sachsen muß nun entscheiden, ob sie Schenk und ihrer Lebensformenpolitik Vorrang einräumen will vor umgesattelten Radfahrern und sonstigen Entertainern.