whk0207/19.03.2007
Frühlingserwachen der Schwulen Juristen
Bundesarbeitsgemeinschaft beweint die absehbaren Folgen der eigenen Politik
Das gestern beendete Frühjahrstreffen der "Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Juristen" (BASJ) im Waldschlößchen bei Göttingen hat eine Resolution zur aktuellen rechtspolitischen Situation Homosexueller unter dem Titel "Der lange Abschied von der Minderwertigkeit" verabschiedet. Hierzu erklärt die AG Schwulenpolitik des whk:
Das Frühlingserwachen der Schwulen Juristen kommt als veritable Winterdepression daher. Nach Einführung der "Homo-Ehe" im Jahr 2000 mit ihren vielen, selbst jahrelang geforderten "gleichen Pflichten" hätten sich lesbisch-schwule Organisationen mit dem Slogan "Die fehlenden Rechte holen wir uns vor den Gerichten!" das diskriminierende Gesetz schöngeredet. Stellvertretend unterzeichnet vom Anwalt Dirk Siegfried, der in diesem Zirkus gelegentlich sogar den Trauzeugen gab, liest man nun:
"Jetzt müssen wir feststellen: Die Strategie, wir müßten nur die gleichen Pflichten wie Ehepaare übernehmen, dann würden uns die Gerichte die fehlenden Rechte aktuell vor allem noch im Adoptions-, im Steuer- und Beamtenrecht nachwerfen, ist großflächig gescheitert. Nahezu alle hiermit befassten Gerichte unter ihnen vier der fünf obersten Bundesgerichte verweigern die Gleichbehandlung weiterhin und verzichten hierbei nun sogar auf jegliche sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung. Sie behaupten jetzt, der Schutz der Ehe aus Art. 6 GG gehe dem Grundsatz 'Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.' aus Art. 3 GG vor. Hierbei handele es sich um eine 'Wertentscheidung' der Verfassung. Diese Interpretation unterstellt, eine heterosexuelle Beziehung sei auch ohne sachlichen Grund generell mehr wert als eine homosexuelle. Dies wiederum beinhaltet eine Minderbewertung Homosexueller unabhängig davon, ob sie in einer Lebenspartnerschaft leben oder nicht."
Das klingt, als sei die Bundesarbeitsgemeinschaft der Schwulen Juristen daran unschuldig. Als eine der dem Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) bis hin zum Logo angeschlossenen Anstalten war die BASJ jedoch seit Mitte der 1990er Jahre maßgeblich mitverantwortlich für eine konservative Integrationspolitik, die in der Eingetragenen Lebenspartnerschaft ihren Höhepunkt fand. Vehement verteidigte die BASJ einen Antidiskriminierungs-Ansatz gegen jede Kritik, der die gegebenen repressiven Institute der Mehrheitsgesellschaft affirmierte darunter die bürgerliche Ehe. Gefangen in reiner Rechts- und unwillig zu gestaltender Gesellschaftspolitik, bejubelte man jeden Krümel, der vom Tisch der Mächtigen fiel. Wer damals in der Homo-Szene vor dem starken Element von Kontrolle und Disziplinierung warnte, das jeder Antidiskriminierungspolitik innewohnt, wurde verlacht und denunziert. Wer diese aparte Form der Gleichstellung wegen der damit verbundenen Neu-Hierarchisierung von Lebensformen ablehnte oder mahnte, diese Politik werde nicht in die Abschaffung, sondern die dauerhafte Festschreibung der Diskriminierung münden, galt als linksradikal.
Nun, da unübersehbar ist, daß die eigene Politik auf ganzer Linie gescheitert ist, weil man sich mit dem politischen Gegner identifizierte und nicht sehen wollte, daß dessen Gleichstellungsgesetze der fortbestehenden Homophobie die gesetzlichen Grundlagen verschafften, ist das Gejammer groß und fragen die Schwulen Juristen: "Was also tun? Wir werden weder die Justiz noch den Bundestag in absehbarer Zeit grundlegend verändern. Wir können und sollten jedoch die mit den Grußworten und Denkmälern verbundene vorzeitige Anbiederung zurückweisen, solange dieser Staat sich von der 'menschenverachtenden Ideologie der Ungleichwertigkeit' (Wolfgang Thierse) nicht überzeugend distanziert."
Mit dieser defensiven Haltung zeigen die Schwulen Juristen, daß sie aus ihren eigenen Fehlern nichts gelernt haben und nichts lernen wollen. Statt zunächst erst einmal selbst von der eigenen Minderwertigkeit Abstand zu nehmen und die diskriminierenden Strukturen selbst anzugreifen, betteln sie weiter um das Recht auf Teilhabe an diesen Strukturen und kennen dafür weiterhin nur eine Adresse: Vater Staat. Wer jedoch die eigene Minderwertigkeit derart verinnerlicht hat, wird sich nie zum aufrechten Homosexuellen emanzipieren und verdient, von Vater Staat milde belächelt zu werden.
Die Resolution der BASJ ist damit eine politische Nullnummer. Sie hätte weit mehr sein können.