whk0203/28.01.2003
Und das ist auch gut so: bürgerliches Homoblatt QUEER pleite
Insolvenz vor dem Hintergrund grüner Finanzmachenschaften/whk: "Vision Queer 2010" fand verdientes Ende
Wegen der "anhaltend schwierigen wirtschaftliche Lage im Werbemarkt" meldete am 20. Januar 2003 die Kölner QUEER AG Insolvenz an, in deren Verantwortung seit 1999 monatlich das bundesweit auflagenstärkste Homo-Magazin QUEER erschien. Zu den Hintergründen erklärt die AG Schwulenpolitik des whk:
Wieder einmal hat uns die Freie Marktwirtschaft ein abgeschlossenes Sammelgebiet beschert: Mit QUEER verschwindet nicht nur ein nach eigenen Angaben "erfolgreiches" und "einzigartiges unternehmerisches Projekt", sondern vor allem eines, das penetrante Hofberichterstattung stets als exklusiven "Homo-Journalismus" verkaufte und publizistische Arschkriecherei zur Maxime einer obrigkeitshörigen Bürgerrechtsbewegung erhob.
Gescheitert ist auch das auf Anteilsscheinen fußende Finanzierungsmodell, das dem Blatt "aus der Szene für die Szene" ein basisdemokratisches Image geben sollte. Trotz zahlreicher Warnungen hatten sich im Sommer 1999 bei AG-Gründung etliche Privatpersonen und Vereine des lesbisch-schwulen Spektrums aus der gesamten Republik nach der Präsentation optimistischer Wirtschaftsprognosen zum Aktienkauf am permanent kriselnden Blatt hinreißen lassen. Seit Frühjahr 2002 konnte es sich aber nur noch durch dubiose Aktienkäufe in Höhe von rund 51.000 Euro aus dem Ökofonds der NRW-Grünen über Wasser halten: Entgegen den Fonds-Richtlinien, die das Stopfen von "Finanzlöchern" defizitärer Projekte verbieten, hatten am 20. März 2001 dessen Bevollmächtigte Jo Schroers und Dagmar Hoffmeyer 667 QUEER-Aktien gezeichnet. Ungeklärt ist auch die Herkunft eines anonymen "Darlehens" in unbekannter Höhe, das dem Blatt im Sommer 2002 ein letztes Überleben sicherte und für das sich die AG-Vorstände in der Pressemitteilung vom Tag der Insolvenz sogar bedankten. Einst aus "schwuler Solidarität" für rund 75 Euro erworbene Anteilsscheine sind derzeit nur noch etwa vier Euro wert.
Von Beginn an unter der Fuchtel grüner Homopolitiker und gutbetuchter schwuler Manager, fanden alternative Lebens- und Liebesentwürfe jenseits des verordneten Mainstreams in QUEER nicht statt. Stattdessen rief die Redaktion dazu auf, "diesmal grün!" in den Bundestag zu wählen: Der inzwischen zum parlamentarischen Geschäftsführer in Berlin avancierte grüne Politiker und Sprecher des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) Volker Beck und sein Lebensgefährte, der LSVD-Schatzmeister Jacques Teyssier, gehörten mit einer Einlage von rund 8.500 Euro zu den neun Gründungsmitgliedern der QUEER AG, einzelne LSVD-Landesvorstände erwarben später auf Vereinskosten weitere Aktien.
In Medien- und Gewerkschaftskreisen machte QUEER vor allem wegen ihrer meist erfolglosen Klagen gegen Konkurrenten und linke Kritiker Furore, darunter gegen die vom whk herausgegebene sexualpolitische Zeitschrift "Gigi" und deren Autoren. Seither darf ungestraft mitgeteilt werden, daß das grüne Propagandablatt den Mord an europäischen Juden verharmloste. Mußte QUEER angesichts des öffentlichen Drucks in Sachen Homo-Ehe gelegentlich noch Opponenten des rot-grünen "Reformprojekts" redaktionell zu Wort kommen lassen, kannte es in Fragen der Außenpolitik kein Pardon: Als im Sommer 1999 Kriegsgegner aus der Szene angesichts des bevorstehenden NATO-Angriffs auf Jugoslawien mit einer gefälschten LSVD-Presseerklärung die Kölner Homo-Parade zum CSD absagten, erklärte QUEER-Herausgeber Christian Scheuß kategorisch: "Der CSD findet statt, bombe wer da wolle". Daß mit dem verdienten Ende der QUEER wenigstens eine krieglüsterne Stimme in der lesbisch-schwulen Szene verstummt, macht die Welt nach Ansicht des whk zwar nicht besser, aber etwas erträglicher.
Rückfragen unter 0162/6673642
Detaillierte Hintergrundbeiträge lesen Sie in der Ausgabe März/April 2003 der whk-Zeitschrift "Gigi" (www.gigi-online.de)