whk0105/14.01.2005
Kennzeichnung für muslimische Geschäfte in Köln?
Schwules Überfalltelefon des LSVD schlägt aus Präventionsgründen Aufkleber an Geschäften mit Migrationshintergrund vor/ Rechtsradikale Umtriebe bei Kölner Polizei?
Am gestrigen Tag hat das vom Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) betriebene Schwule Überfalltelefon Köln 19228 seinen Anti-Gewalt-Bericht für das Jahr 2004 veröffentlicht. Hierzu erklärt das whk Rheinland:
Mit Fassungslosigkeit nimmt das whk Rheinland den gestern vom Schwulen Überfalltelefon Köln 19228 verbreiteten Anti-Gewalt-Report für das Jahr 2004 zur Kenntnis. Dies gilt sowohl für die in dem Bericht angedeuteten rechtsradikalen und homophoben Umtriebe bei der Kölner Polizei, als auch für die Forderung des Schwulen Überfalltelefons, muslimische Geschäfte im Stadtgebiet mit Aufklebern zu kennzeichnen.
Wörtlich heißt es auf Seite 30 in dem vollständig im Internet unter www.koeln19228.lsvd.de/DOKUMENTATION/AG-Bericht_2004.htm nachzulesenden Report: Da die Angst aber innerhalb der lesbisch-schwulen Community vor Migranten nach unserer subjektiven Wahrnehmung geblieben und durch Medienberichte gestiegen ist, sollten auch neue Wege der Prävention überlegt werden. Um eine Offenheit zu ermöglichen, könnten wir uns vorstellen, daß u.a. (!) [Hervorhebung im Original whk] auch die Kölner Geschäfte, die von Kölnern mit Migrationshintergrund betrieben werden, einen Aufkleber mit einem Zeichen oder Motto anbringen, der deutlich macht: 'Auch Homosexuelle sind hier willkommen.'
Der im Vorfeld des 60. Jahrestags der Befreiung vom Faschismus mehr als instinktlose Vorschlag, "nicht-deutsche" Geschäfte womit auch immer optisch zu kennzeichnen, belegt für das whk einmal mehr, mit welch fachlich schlichten und politisch bedenklichen Strategien die auch noch mit Landesmitteln geförderte schwule Anti-Gewalt-Arbeit in Nordrhein-Westfalen operiert.
Wie schon das seit Jahren umstrittene Berliner Überfalltelefon Maneo geht das Schwule Überfalltelefon in Köln nunmehr offenbar ebenfalls von der absurden, ja gefährlichen Vorstellung aus, daß Menschen mit Migrationshintergrund oder nicht-deutscher Herkunft grundsätzlich als homophob und gewalttätig anzusehen seien und diese deshalb ihre Schwulenfreundlichkeit explizit und permanent öffentlich zu erklären hätten. Dies ist umso erstaunlicher, als der Jahresbericht keinen einzigen Fall nennt, bei dem Homosexuelle in einem nicht-deutschen Geschäft wegen ihrer Homosexualität vom Inhaber bedroht, beschimpft oder gar geschlagen worden wären. Viel eher legen die vom Schwulen Überfalltelefon selbst ermittelten Zahlen die Vermutung nahe, daß ein kurdischer Gemüseladen oder ein arabischer Lebensmittelshop für Schwule unter Umständen einen weitaus sichreren Aufenthaltsort darstellen kann, als mancher Flecken im schwulen Szeneviertel. Das whk rät dem Schwulen Überfalltelefon daher dringend, bei einem der freundlichen Türken am Kölner Clodwigplatz mal wieder einen Döner mit viel Knoblauch zu bestellen, um rasch wieder zur Besinnung zu kommen.
Dies vor allem, weil das Schwule Überfalltelefon sich zwar von dem beim Schwesterprojekt in Berlin seit Jahren gepflegten Klischee des Täters mit Migrationshintergrund explizit distanziert, die berechtigte Kritik an den rassistischen Reports aus der Hauptstadt jedoch wider besseres Wissen als unangebrachte und politisch motivierte Polemik abkanzelt. Dabei weist die vom whk herausgegebene Zeitschrift Gigi im aktuellen Heft (Nr. 35, Januar/Februar 2005) dem Berliner Überfalltelefon in einem mehrseitigen Beitrag konkret die Fälschung der eigenen Statistik und die Uminterpretation der eigenen Zahlen nach. Es wäre schön, wenn beide Projekte nach mehr als zehnjähriger Existenz ihre Arbeit endlich auf eine wissenschaftliche und damit seriöse Grundlage stellen könnten.
Für schockierend hält das whk indes die vom Schwulen Überfalltelefon leider nur angedeuteten Vorgänge in der Kölner Polizei, die auf einen homophoben und rechtsextremen Hintergrund hindeuten. Die Internetseite www.velspol-nrw.de der Vereingung lesbisch-schwuler Polizeibeamter (VELSPOL) zitierend, gibt der Jahresbericht auf Seite 12 Beschwerden von vermutlich homosexuellen Kriminalbeamten über interne Vorgänge bei der Kölner Polizei wieder. So hätten die Beamten auf der VELSPOL-Internetseite geschrieben: Welches Gedankengut dort herrscht (ausgerechnet in Köln) hat mich doch arg schockiert. Da wird davon geschwärmt, daß man die Schwulen damals vom 'Timp' bis in die Wache geprügelt hat, da Schwulsein ja ein Straftatbestand war. Daß alle Schwulen widerlich seien und es doch unglaublich sei, daß es so was wie den CSD überhaupt geben kann. Weiter habe es auf der VELSPOL-Seite geheißen: Auch fand ich es nicht unbedingt passend, [daß] Marschlieder aus dem Dritten Reich angesungen wurden.
Das whk fordert den Kölner Polizeipräsidenten auf, unverzüglich zu untersuchen, ob und bei welcher Gelegenheit sich Beamte mit dem Absingen von Nazi-Liedern im Dienst strafbar gemacht haben. Sollte dies zutreffen, muß Strafanzeige gegen die betreffenden Polizisten gestellt werden. Zudem darf ein solcher Vorfall bei der skandalträchtigen Kölner Polizei nicht ohne personelle Konsequenzen für die betreffenden Beamten bleiben.
Das whk wird sich in dieser Angelegenheit noch heute schriftlich an den Polizeipräsidenten wenden und bittet VELSPOL, alle Bemühungen um Aufklärung des geschilderten Vorfalls zu unterstützen.
Für Rückfragen: 0162 / 66 73 642 (Dirk Ruder)