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Erklärung und Aufruf des whk südbaden zur SOLI-HOCK am 18. 7. 2000
Wenn in Freiburg ein schwuler Jesus mit seinen Jüngern Sex hat, dann laufen CDU und Erzbischöfliches Ordinariat Sturm auf Kosten sexueller Minderheiten.
Wenn in Freiburg sogenannte "religiöse Gefühle verletzt" werden, dann geifert ein CDU- Stadtrat namens Klaus Schüle und fordert das Verbot von Kunst und freier Meinungsäußerung.
Wenn deutschlandweit bekannte Neonazis in Freiburger Zeitungen pseudo-religiöse und gegen Minderheiten aufhetzende Anzeigen schalten, dann dient ihnen die lokale Presse bereitwillig und steckt dafür die Silberlinge ein.
Wenn in Freiburg Rechte und religiöse Fanatiker Hetzkampagnen gegen Schwule und Lesben lostreten, dann ist die 'Deutsche Post AG' eifrig darum bemüht, daß deren Pamphlet auch ja alle Haushalte erreicht.
Hörte jemand von Euch, daß die Post oder der Stadtkurier sich für ihre Beihilfe zur Verbreitung des volksverhetzenden Mülls bei der betroffenen Minderheit entschuldigte selbst nach erfolgtem massivem Protest?
Kam da auch nur ein Anflug von Erkenntnis, daß es vielleicht einen Unterschied geben könnte zwischen der Verbreitung faschistoider Propaganda und der Werbung für Katzenfutter? Im Gegenteil: Die Deutsche Post hat "arbeitsrrechtliche Schritte" eingeleitet gegen diejenigen Angestellten, die sich weigerten, das Hetzblatt zu verteilen! Wir fordern euch auf, die Opfer solidarisch zu unterstützen!
Die Badische Zeitung läßt einen Michael Platt, den sogenannten "Landesvorsitzenden" der sogenannten "Partei" Christliche Mitte, am Tag der Aufführung von CC also zur besten Sendezeit! unkommentiert gegen die "Brutalität der linken Gegendemonstranten" und für die Weiterverbreitung seines Homo-Hetzblattes polemisieren. Platt ist ehemaliger Aktivist der Republikaner.
Hörte jemand von Euch, daß sich ein Herr Schüle und seine Kumpane von der CDU gleichermaßen über die Ausbreitung rechter Hetzparolen über unsere Stadt echauffierten wie über die Verletztheit ihrer ach so "religiösen Gefühle" durch ein paar herumfliegende Brotstückchen auf einer Theaterbühne?
Neben Wortführern der beiden großen Kirchen spielten Politiker der so genannten Christparteien in Freiburg und BaWü mal wieder eine besonders wort- und empörungsreiche Rolle. Auch in der Diskussion um CC scheuten sie sich nicht, den bürgerlichen Boden für die Aufnahme der rechtsextremen Saat zu bereiten.
So, wie sie bereits im letzten Jahr einer gewaltbereiten Rechten den Rücken stärkten durch eine rassistische Kampagne: Unterschriften gegen Ausländer. Sie hatten auch jetzt wieder Erfolg: in Ulm, Karlsruhe und Pforzheim kapitulierten die Veranstalter vor einer aufgemobbten Bürgerschaft im Verbund mit den Gewaltandrohungen der rechtsextremen Religionsanhänger.
Um so höher können wir bewerten, daß hier in Freiburg der Verantwortungslosigkeit dieser so genannten Bürgervertreter etwas sehr Wichtiges entgegengesetzt wurde: es wurden Zeichen gesetzt sowohl gegen den menschenverachtenden Fanatismus der Fundamentalisten als auch gegen den kleinkarierten Ordnungssinn der so genannten braven Bürger.
Alle Gruppen, Organisationen und Personen, die an diesem bisher für Freiburg einmaligen "Bündnis gegen Rechts" teilgenommen haben, haben dazu beigetragen, daß die Worte Respekt, Toleranz und Solidarität nicht nur zu leeren Worthülsen verkommen.
Diejenigen, die sich mal wieder nicht beteiligt haben, möchten wir daran erinnern, daß es für uns Schwule, Lesben, Transen und Sonstwie-Sexuelle nach wie vor eine existentielle Frage ist, ob wir in einen unpolitischen Tiefschlaf verfallen oder uns politisch einsetzen.
Die in dieser Gesellschaft so viel beschworene Toleranz ist oft nur eine vordergründige: wir werden geduldet oder erduldet, aber nicht akzeptiert. Unsere Sexualität, unser Andersein, unsere vielfältigen Lebensweisen und letztlich sogar unsere Existenz sind nach wie vor für sehr viele Ärgernis und Provokation. Nützt es uns somit tatsächlich, wenn wir uns zurücknehmen und verstecken, uns der herrschenden Norm unterordnen und anpassen? Werden wir Spießbürgers sogenannte Gefühle tatsächlich nicht mehr verletzen, wenn wir anständig normal und gleich ihm brav verheiratet ein langweilig-geordnetes Leben führen?
Der Spießbürger wird zum Faschisten und Religionsfanatiker, wenn er in seiner Unzufriedenheit, Zukunftslosigkeit und gleichzeitigen Beschränktheit nach simpelsten Lösungen und Sündenböcken für seine Miseren suchen.
Der Spießbürger wird zum Skinhead und schlägt zu, bevor er am eigenen Frust erstickt. Und wenn er sich dazu mal wieder den nächstbesten Schwulen greift, dann ist ihm egal, ob der mit seinem Partner treu und in Homoehe vereint lebt oder promisk ist lebensunwert sind Homos allesamt.
Dem religiösen Fanatiker ist es gleich, ob die Zielscheibe seiner Hetzparolen eine Gay Managerin oder eine linke Bewegungsschwester ist perverse und sündige Schweine gehören geschlachtet.
Sobald der Begriff "Gleiche Rechte für Homos" fällt, schnappt ein Bischof Dyba oder ein Ministerpräsident Stoiber danach wie ein Straßenköter nach einem alten Turnschuh minderwertig, krank und pervers sind wir auch für sie.
Vereinzelt euch nicht und zieht euch nicht zurück in ein- oder zweisame Passivität und privates "Glück"!
Wartet es nicht ab, bis irgendwann mal ein paar Krümel vom Kuchen für euch abfallen.
Wartet es nicht ab, bis rechter Terror auch bei euch wieder zuschlägt.
Solidarisiert euch, heiratet so viele und so oft wie möglich aber ohne Standesamt!
Geht Bündnisse ein und gründet Familien nach eurer Wahl aber nicht nur eine!
Seid stark, kreativ, politisch und sexuell!!!