Mitteilungen des whk
März/April 2008
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VVom Klassenfeind gefickt (1)

Für heftige Debatten sorgte Ortiwn Passons denkwürdige Rede zum Welt-AIDS-Tag am 1. Dezember 2007 in der Frankfurter Paulskirche. Das Mitglied des wissenschaftlich-humanitären komitees (whk) in Hessen hatte darin den herrschenden Barebacking-Diskurs mit der Feindstrafrechtsdebatte in Deutschland in Zusammenhang gebracht – sehr zum Mißfallen des Frankfurter Szenemagazins GAB (01/08).
Passon und die anderen Redner hätten sich in der zu gut zwei Dritteln gefüllten Paulskirche allzu oft in „theoretischen Wortgeflechten“ (gemeint sind offenbar: Wortgefechte – whk) verloren, urteilte ein mit Kürzel bjö zeichnender Autor. Die Reaktionen der Besucher hätten dem entsprechend von begeisterten Glückwünschen bis hin zu Äußerungen gereicht wie „Der Aids-Hilfe spende ich nichts mehr“, so das Blatt. „Kein Wunder, wenn (ein) Redner wie Ortwin Passon Aids-Aktivist und Politologe beim revolutionär-links denkenden Wissenschaftlichen Humanitären Komitee (sic! – whk) ... zum Bareback als Akt des politischen Ungehorsams aufruft. Einvernehmlich unsafer Sex (Bareback) ... wird aber so leider schnell zur Ansichtssache heruntergespielt ... Das muß einfach verstören. Die Diskussion um Verantwortung und folglich auch um Schuld (! – whk) erfordert ein besonderes Maß an Abstraktion und Nüchternheit“, das GAB in Passons nüchterner Rede offenbar nicht fand. Daß der Autor einer Schwulengazette Schwierigkeiten mit der korrekten Bezeichnung des ihm offenbar nicht sonderlich vertrauten whk hat und ihm in der Aids-Debatte die wichtigsten Grundbegriffe nicht geläufig sind – Bareback bedeutet Sex ohne Kondom, nicht etwa „unsafer Sex“ – gebar immerhin ein apartes Fazit. Nach Passons Rede bleibe „ein schaler Nachgeschmack, auch angesichts des Gedenkens an die vielen Verstorbenen des Jahres“, die somit allesamt aufs persönliche Konto des revolutionär-linken Redners Passon gehen. (Vgl. auch „Teure Elite, liebe Barebacker“ in Gigi Nr. 53, S.14, sowie „Paulskirche: Rede des whk Hessen“ in den whk-Mitteilungen, S. 41).

Von Klassenfeind gefickt (2)

Ein des Bareback-Begriffs ebenso unkundiger Autor – immerhin ein Jurist – zeiht in einem Kommentar im gleichen Blatt die Aids-Hilfe Frankfurt der unterlassenen Sorgfaltspflicht bei der Auswahl der Redner. Es sei „höchst überraschend“, daß die örtliche Aids-Hilfe „ausgerechnet ihre Veranstaltung zum Welt-Aids-Tag nutzte, um ein Recht auf Bareback zu promoten ... Es gibt kein Grundrecht auf Barebacking. Das Grundgesetz schützt es nicht.“ – Da lacht der Laie und der Fachmann greift zum Strick. Geht aber noch weiter: Die Aids-Hilfe habe bei der Veranstaltung am Welt-Aids-Tag „versagt“. Wer Menschen sage, „sie hätten ein Grundrecht auf Barebacking und mit HIV sei das Leben auch wunderschön, ermutigt sie genau dazu. Ein Armutszeugnis – und ein gefährliches noch dazu.“ Zumindest für einen „dpro“, der entweder nicht hingehört oder das Gehörte, was die Sache noch schlimmer macht, nicht im Ansatz kapiert hat. Hinter dem Verfasserkürzel verbirgt sich ein David Profit, der im Internet über sich Auskunft gibt: „Journalist, virtuell verheiratet (? – whk) mit einem schwulen CDUler ... seit 1998 studiert er Rechtswissenschaft in Frankfurt – Schwerpunkt Öffentliches Recht. Von Mai 1998 bis Mai 2000 hat er neben dem Studium für Bündnis 90/Die Grünen im rheinland-pfälzischen Landtag Lesben- und Schwulenpolitik koordiniert ... Im Mai 2000 wurde er zum Ehrenmitglied der lesbischwulen Landesarbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz gewählt. Seine Lieblingserkenntnis: ‘Das Leben ist zu bunt, als daß man sich schwarz-weiße Vorstellungen davon machen sollte.’“ Dann doch lieber schwarz-grüne, gell?

Übrigens: Ausgerechnet am Welt-Aids-Tag 2000 wurde Profit nach eigenen Angaben „Berater beim Hessischen Sozialministerium mit den Schwerpunkten Schule und Familie“ und ist daselbst „unser Mann für alle Rechtsfragen“ beim Lesben- und Schwulenreferat. – Gute Nacht.

Vom Klassenfeind gefickt (3)

Kritiker wie David Profit erteilte am 11. Januar die Aids-Hilfe Offenbach via Offenem Brief dringend notwendige Nachhilfe. Die Redner in Frankfurt hätten „verdienstvollerweise die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse offen kommuniziert und einen breiten ethischen Diskurs zu Fragen der Verantwortung angestoßen. Sie haben darüber hinaus die aktuellen politischen Debatten kritisch hinterfragt. Dafür gebührt ihnen Respekt und Dank. Sie haben dies nämlich gegen den Zeitgeist und all zu platte Vorstellungen, wo denn HIV-Gefahren lauern und wo Prävention ansetzen kann, getan. Sie haben damit ihre Verantwortung wahrgenommen, aufzuzeigen, wo denn tatsächlich Gefahren bestehen. Offensichtlich sind sie, wie dem Kommentar von David Profit in der Januarausgabe der GAB zu entnehmen ist, gründlich mißverstanden worden, weil es wohl schwer ist, von lange gepflegten falschen Vorstellungen Abschied zu nehmen ... Auch wenn man vielleicht nicht jeder Einschätzung folgen mag – wie etwa den Randbemerkungen von Ortwin Passon zu den Politikerbezügen –, so lohnt es doch, sich ein paar Fakten zu vergegenwärtigen, die in der Wissenschaft inzwischen unbestritten sind ... Strafrecht hat in der einvernehmlichen Sexualität nichts zu suchen.“ Man möge zwar beklagen, daß Teile der Szene Kondome ablehnen, die Konsequenz daraus könne „jedoch nicht der Ruf nach dem Staatsanwalt sein, sondern nur die Erkenntnis, daß einem solche Sexualpartner nicht bekommen und man lieber auf den Kontakt verzichten sollte. Und wenn man weiß, daß man sich an manchen Orten nicht mit seinen Schutzwünschen durchsetzen kann, dann sollte man die Orte eben meiden, so wie ein nicht mehr trinkender Alkoholkranker Absturzkneipen besser meidet.“

Immer schön in Kontakt mit dem Bürger bleiben!

Brigitte Zypries ist nicht erfreut über das whk. „Wie Sie vermutlich wissen, macht eine Gruppierung die bereits das Lebenspartnerschaftsgesetz als ‘rosa Liste’ und ‘Blitzsieg für Rot-Grün’ kritisiert hat, mit der Unterstellung ‘Datenskandal in Rosa’ gegen das Forschungsprojekt Stimmung“, ließ die Bundesjustizministerin mit Brief vom 14. Dezember 2007 den grünen Bundestagsabgeordneten Volker Beck zur Kritik des Komitees an der laufenden Studie des Bamberger Staatsinstituts für Familienforschung in Sachen gleichgeschlechtliche Partnerschaften wissen. Somit erweist sich Zypries als regelmäßige Leserin von whk-Pressemitteilungen, die sie aber offenbar nicht immer ganz versteht. „Ich glaube (...), daß die Akzeptanz (Homosexueller gegenüber der umstrittenen Studie – whk) bereits jetzt deutlich überwiegt“, so die Ministerin. Denn ihr Haus hätten bis Dezember lediglich 14 besorgte Anfragen erreicht, was „bei insgesamt 15.000 ermittelten Adressen“ verpartnerter Homosexueller „sehr überschaubar“ sei.

Beim Büro Beck muß es indes wegen der Erfassung und Weitergabe der Adressen (auch ehemals) verpartnerter Homosexueller ohne deren Wissen Beschwerden in einer Zahl gegeben haben, die seine Anfrage bei Zypries erst notwendig machten. Diese übermittelte dem „lieben Herrn Beck“ daher Informationen, die „nützlich sind im Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern, die sich wegen unseres Forschungsprojektes an Sie wenden ... Ich stimme Ihnen zu, daß wir die Besorgnis von Betroffenen ernst nehmen müssen“ – bis auf die des whk, versteht sich. „Ich begrüße es deshalb sehr, daß der LSVD, der auch im Forschungsrat vertreten ist, auf seiner Webseite ausführliche Informationen zu unserem Projekt und zur Wahrung des Datenschutzes bereithält.“ Das vertrauliche Ministerschreiben, das Becks Homoverband LSVD lobt und das ungenannte whk tadelt, landete prompt auf der LSVD-Homepage. Zypries’ beschwichtigende Hinweise, es gehe bei der Bamberger Homo-Adressen-Sammelei alles mit rechten Dingen zu, fanden sich später wortwörtlich in der Antwort der Bundesregierung auf eine vom whk initiierte Kleine Anfrage der Linkspartei im Bundestag.

Zufälligerweise exakt einen Tag nach der whk-Pressemitteilung vom 18.11. schrieb Renate Rampf, Pressesprecherin des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD), ans Bamberger Staatsinstitut, denn angeblich erreichten den Verein „mehr und mehr Anfragen von besorgten Lesben und Schwulen, die von Ihrem Institut einen Brief ... erhalten haben.“ Rampf hatte demnach keine Ahnung davon, daß ihr Vorständler Bruns den Datendeal gegenüber dem Institut ausdrücklich für unbedenklich erklärt hatte und der LSVD mit Bruns sogar im Forschungsrat vertreten ist. – PR-Unfälle dieser Art sind beim LSVD allerdings keine Seltenheit. (Vgl. whk-Pressemitteilung vom 18.11.2007 (www.whk.de/whk0807.htm), den Schwerpunkt „Schweinezählung“ in Gigi Nr. 53 und im selben Heft „Datenskandal in Rosa“, S. 40.)