Mitteilungen des whk Januar/Februar 2002
Rosa Anti-AntiFaAstrid Keller, Dortmunder Ratsmitglied für die Linke Liste und aktiv beim whk-Ruhr, wurde am 29. Oktober 2001 vom Amtsgericht Dortmund vom Vorwurf freigesprochen, sie habe als Mitorganisatorin und Anmelderin der Demo gegen einen Naziaufmarsch am 21. Oktober 2000 die Demo Wir stellen uns quer nicht rechtzeitig aufgelöst. (vgl. letzte Mitteilungen des whk).
Ein offenbar unbefriedigendes Urteil für André Zwiers vom Ortsverein des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD). In den Ruhr-Nachrichten vom 2. November 2001 denunzierte sein Leserbrief Keller für ihre DDR-Jugend und die Anwendung des Begriffs Klassenjustiz aufs bundesdeutsche Justizsystem. Mit Sätzen wie Antifaschistische Ziele zu verfolgen, ist kein Freifahrtschein, sich über die Regeln des Rechtsstaates hinwegzusetzen suchte Zwiers nachträglich die Gerichtsentscheidung zu revidieren; die Handzettel des von Frau Keller angeführten Aktionsbündnisses hätten ihm als schlichtem Zeitungsleser (sic!) klargemacht, daß damit sowohl die Konfrontation mit den Nazis als auch mit der Polizei gesucht wurde. Man könne den jungen Leuten, die Frau Keller und ihren Zielen auf den Leim gegangen sind, kaum einen Vorwurf machen. Sie haben das Gute gewollt und sind der Bauernfängerei der selbsternannten besseren Antifaschisten aufgesessen. Die Polizei sei mit ihrem Kessel in die gleiche Falle gelaufen. Zwiers antikommunistischer Beißreflex gipfelte in der üblichen dumpfen Gleichsetzung: 1932 wurde Dortmund von rechtem wie linkem Terror erschüttert (...) Antifaschismus ist in dieser Stadt glücklicherweise Konsens der Demokraten und bedarf nicht des bolschewistischen Trüppchens, das sich verschämt Linke Liste nennt.
Blaulicht aufgegangen
Eine Polizeiaktion und ein aufschlußreiches Medienecho bewirkte die Pressearbeit der AG Schwulenpolitik des whk, die letztes Jahr auf vermehrte Polizeiaktionen gegen Schwulentreffs hingewiesen hatte. Bis auf die Rosigen Zeiten (Oldenburg) unterdrückte die Szenepresse jedoch diese Meldungen.
Daß sie dort durchaus gelesen wurde, gab Herausgeber Micha Schulze per Aufmacher Der Staat entdeckt den schwulen Sex in der Queer-Premiumausgabe vom Dezember zu: Die guten aufs Standesamt, die schlechten aufs Polizeirevier Meister beim Abspulen dieser Diskriminierungs-Leier ist das wissenschaftlich-humanitäre komitee (whk), das nach Razzien auf Autobahnparkplätzen in Baden-Württemberg gar von der Rückkehr der rosa Listen warnte. Doch solche Unkenrufe der letzten aufrechten Linken entpuppen sich leicht als Propaganda, so der frühere Redakteur des Neuen Deutschland. Denn anders als die Weltfremdheit der whk-Argumentation stünde hinter all den Versuchen, schwules Cruising zu unterbinden, ja weniger Homophobie, sondern die Sorge um Natur und Umwelt. Indes seien nicht alle Schwulen so weit , das unsinnige Versteckspiel des Cruisings! aufzugeben Und die Homo-Bewegung selbst hat gelernt, daß nicht alles, was ihr nicht gefällt wie etwa die dauerhafte Vertreibung von einem deutschen Autobahnparkplatz nicht automatisch gegen sie gerichtet ist Trotzdem kommt der Autor eines Klappenbüchleins zu einem bemerkenswerten Fazit: Es hat in Deutschland ein Prozeß begonnen, der sicher nicht ohne Rückschläge verlaufen wird und von dem wir auch nicht wissen, wie er endet. Schulzes Aufsatz war im November eine Pressekonferenz vorausgegangen, bei der die Autobahnpolizei des Regierungsbezirks Düsseldorf und der Arbeitskreis lesbisch-schwuler PolizistInnen (AlsPol) mit Blaulicht zum A-44-Parkplatz Hoxhöfe fuhren. Im Schlepptau nicht etwa die Boulevardpresse, sondern die Homo-Journaille von Queer und RiK, die um Handlangerdienste nicht erst gebeten werden mußte. Mit einem Kommentar zu schwulen Wildwest-Abenteuern, die auf deutschen Autobahnparkplätzen abgehen sekundierte Dietrich Dettmann im Queer-Regionalteil NRW vom Dezember seinem Chef: Toiletten werden zu Wichs-Saloons ... einige Streuner benehmen sich wie Idioten. Aber: Statt uns zu jagen, werben nun also die Polizisten an Rhein und Ruhr für faires Cruisen und akzeptieren das wilde Treiben Zäune mit Türen und beschützend-aufklärende Infomobile vor Ort sind die neuen Standards von realitätsnahen Ordnungshütern. In RiK monierte Chefredakteur Björn Reinfrank unterm Titel Sauberer Sex die Angewohnheit der Schwulen, die Autobahnparkplätze im Rheinland als Cruisinggelände zweckzuentfremden. Nachsicht übte er mit der Überreaktion manches Beamten in der Vergangenheit, wenn es auf einem Parkplatz zu doll wurde: Manchem Polizisten sei der Sex in freier Wildbahn schon länger ein Dorn im Auge.
Zirkus Lokus
Bereits zum dritten Mal seit ihrer Gründung 1999 konnte die Gigi-Redaktion eine Anzeige wegen Beleidigung, Verleumdung und übler Nachrede erfolgreich abwehren. Kläger war der pensionierte Kriminalhauptkommissar Wolfgang Zirk. Dessen Verhalten war Gegenstand sowohl der Falldokumentation Hetzen im Dienst ist okay über polizeiliche Schwulenfeindlichkeit an Berlins Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege (Heft 14) als auch der Meldung Kopulationsbewegungen 2 (Heft 16). Zirk hatte am 20. August Strafanzeige gegen den Verfasser, das whk-Mitglied Ortwin Passon erstattet. Peinlicherweise bestätigte Zirk im Schriftsatz vom 20. August u.a. die von ihm heftig bestrittene Homophobie. Am 26. November stellte die Berliner Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren ein.
Was bleibt, ist eine Anwaltsrechnung in Höhe von 482,54 DM. Die Redaktion und das herausgebende whk bitten deshalb dringend um Spenden aufs Gigi-Konto 5710428010 bei der Berliner Volksbank, BLZ 100 900 00. Stichwort: Police Academy.