Mitteilungen des whk Nov./Dez. 2000
4. Bundestreffen des whk
Vom 6. bis 8. Oktober fand, organisiert vom hessischen Ansprechpartner Herbert Rusche, im Lesbisch-Schwulen Kulturhaus zu Frankfurt a. M. das vierte Bundestreffen des whk statt.
Verhandelt wurde insbesondere der Streit um Konzeption und Erscheinungsweise der vom Förderverein edierten, unabhängigen sexualpolitischen Zeitschrift Gigi. Eine wesentliche Rolle spielte dabei die als extrem empfundene Arbeitsüberlastung. Zwar konnte die Auflösung der Redaktion in der alten Zusammensetzung nicht verhindert, aber die Existenz der Zeitschrift gewährleistet werden. Geeinigt wurde sich darauf, die Mitteilungen des whk als eigene Seite wieder ins Gigi-Konzept zu integrieren.
Zweiter Schwerpunkt des Bundestreffens war der Kritik an der Fortdauer rassistischer Politik und antimigrantischer Kampagnen unter Rot/Grün. Der neue staatliche Antifaschismus wurde als Kehrseite des rot-grünen Rassismus der Produktiven und einer neuen Einwanderungspolitik für den Standort Deutschland kritisiert. Es wurde angeregt, den Kontakt zum Bündnis gegen Rassismus zu suchen, in dem Bürgerrechts-, AntiRa und Antifa-Gruppen unter dem Motto Nazis morden, der Staat schiebt ab! die Doppelmoral der neueren Kampagnen gegen Rechts öffentlich bloßstellen. Der Gigi-Redaktion wurde empfohlen, den schon lange geplanten Schwerpunkt zum Thema Rassismus so bald wie möglich in Angriff zu nehmen. Georg Klauda sagte zu, ihn federführend zu betreuen.
Beschlossen wurde ferner, ein Grußwort an die Homosexuelle Selbsthilfe e.V./Hannchen-Mehrzweck-Stiftung (HS/HMS) zu senden. Die Homosexuelle Selbsthilfe war vor 20 Jahren gegründet worden und finanziert bis heute Projekte im politischen, kulturellen und Selbsthilfebereich; darüber hinaus leistete sie auch Opfern des §175 unmittelbare Hilfe.
Parallel zum Bundestreffen tagte die Mitgliederversammlung des Fördervereins des whk e.V. Satzungsgemäß stand die Vorstandswahl an. Nach der Berichterstattung wurde der alte Vorstand einstimmig entlastet. In den neuen wurden gewählt: Dirk Ruder (Vorsitzender), Stefan Strigler (Stellvertreter) und Eike Stedefeldt (Schatzmeister).
Neu: whk in Bremen
Das whk hat nun auch einen Ansprechpartner in Bremen: Alexander Stoeck ist seit 1997 in der Bremer Initiative Suspekt aktiv. Suspekt, 1992 im Zusammenhang mit dem Tuntenhaus entstanden, bietet nicht nur ein lesbischwules Donnerstagscafé an, sondern versteht sich als politische Initiative mit emanzipatorischem Anspruch.
Aktuelle Aktivitäten
Die barocke Lösung: Homo-Ehe
Am 19. September besuchten drei whk-Mitgliederdie Expertenanhörung des Bundestags-Rechtsausschusses zum Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) und staunten über das Urteil nahezu aller Sachverständigen: Der Entwurf sei unvollständig und gehe an der Realität vorbei. DasJustizministerium habe sich sicher etwas bei dieser barocken Lösung gedacht, er wisse nur nicht, was, so der von Bündnis 90/Die Grünen geladene Direktor des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg, Prof. Dr. Hein Kötz. Selbst die CDU/CSU bemängelte, daß das LPartG nicht auch für Heterosexuelle gelten solle. Die Frage nach Trans- und Intersexuellen blieb offen.Straßenbahn zum Schafott
Das whk Südbaden kritisierte am 18. Oktober die Entscheidung des Freiburger Gemeinderates, eine Städtepartnerschaft mit dem iranischen Isfahan eingehen zu wollen, und verwies dabei auf die dortigen massiven Verletzungen von Menschenrechten, die in den Verhandlungen zugunsten der wirtschaftlichen Aspekte etwa der Lieferung von Staßenbahnen völlig ausgeklammert wurden. Es forderte den Freiburger Gemeinderat auf, seine Entscheidung zu revidieren und sich stattdessen für das uneingeschränkte Bleiberecht iranischer Flüchtlinge in Freiburg einzusetzen.Rentenreform gegen HIV-Positive
Als einzige sexualpolitische Organisation mischte sich das whk in die Debatte zur Rentenreform ein. Bei der Neuregelung der Erwerbsminderungrenten Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten werden ab 2001 wegfallen ignoriert die Koalition völlig die Situation und Interessen jüngerer chronisch Kranker. In drei Presseerklärungen wies das whk darauf hin, daß über die Hälfte der HIV-Positiven und an AIDS Erkrankten in Deutschland unter 40 ist und von dieser neuen Regelung existentiell bedroht wird.Töten lernen oder heiraten!
Am 24. Oktober wurden Pläne des Bundesverteidigungsministeriums bekannt, künftig verheiratete und lebensverpartnerte Männer nicht mehr zum Wehr- oder Zivildienst einzuziehen. Damit würden alle selbstbestimmten Lebensformen, die sich der amtlichen paarweisen Registrierung durch den Staat verweigern, bestraft werden. Das whk protestierte dagegen und forderte stattdessen die generelle Abschaffung von Zwangsdiensten sowie das Dichtmachen der Bundeswehr als undemokratische, gesundheitsschädliche und persönlichkeitsverändernde Zwangseinrichtung.
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