Dokumentation
Presseanfrage der Gigi-Redaktion zu den Aktionen des Ordnungsamtes auf öffentlichen Toiletten Düsseldorfs
Landeshauptstadt Düsseldorf
Ordnungsamt/Amt 32
Pressestelle/Herr Körber
40200 DüsseldorfBerlin, 5. Juni 2003
Sehr geehrte Damen und Herren,in den letzten Wochen Monaten erreichten unsere Redaktion vermehrt Beschweren über Aktionen des Ordnungsamtes Düsseldorf auf öffentlichen Toiletten der Stadt. So berichteten uns Leser unserer Zeitschrift von ungewöhnlich hohen Bußgeldbescheiden nach § 118, die Beamtes des Ordnungsamtes ausgestellt hätten. Den Bescheiden ist zu entnehmen, daß Beamte Ihrer Behörde damit Masturbationshandlungen ahndeten, die sie dort beobachtet haben wollen.
Da wir als sexualpolitisches Fachmagazin häufiger auf gegen Homosexuelle gerichtete Maßnahmen durch Ordnungsbehörden aufmerksam gemacht werden, planen wir auch zu den oben beschriebenen Vorgängen einen Artikel in der nächsten Ausgabe unserer Zeitschrift. Unsere Befragung von Betroffenen möchten wir auf diesem Wege durch eine qualifizierte Stellungnahme Ihrer Behörde ergänzen, und bitten Sie daher bis zu unserem Redaktionsschluß am 20. Juni um detaillierte Auskünfte zu folgenden Fragen:
- Seit wann und auf welcher gesetzlichen Grundlage stellt das Ordnungsamt Düsseldorf auf öffentlichen WCs Bußgeldbescheide gegen Toilettenbenutzer aus?
- Wie lange sollen diese Aktionen nach Ihrer Planung noch durchgeführt werden?
- Was wird mit diesen Maßnahmen bezweckt?
- Wie viele Beamte des Ordnungsamtes sind an den Aktionen a) insgesamt und b) pro Einsatz beteiligt?
- Welcher Abteilung des Ordnungsamtes gehören die Beamten an?
- Betroffene berichten, ihnen werde durch Ihre Behörde vorgeworfen, in den Toiletten onaniert zu haben, obwohl sie sich dort allein aufhielten. Wie stellen die Beamten zweifelsfrei fest, ob ein Toilettenbesucher tatsächlich onaniert hat?
- Sind an den Aktionen noch weitere Beamte des Ordnungsamtes beteiligt, außer den Herren Fittkau, Becker und Berger?
- Was qualifiziert die genannten Mitarbeiter nach Ansicht Ihrer Behörde für diese spezielle Tätigkeit?
- Wie häufig werden die Aktionen durchgeführt und wie lange dauern diese Einsätze jeweils?
- Welche Toilettenanlagen im Stadtgebiet wurden und werden von Beamten Ihrer Behörde dabei regelmäßig frequentiert?
- Sind an den Maßnahmen auch Mitarbeiter privater Sicherheitsdienste beteiligt? Wenn ja: wie viele?
- Was haben diese "Vor-Ort-Einsätze" die Stadt Düsseldorf bislang an zusätzlichen Kosten verursacht und welche Einnahmen erwartet Ihre Behörde durch die ausgestellten Bußgeldbescheide?
- Wie viele Bußgeldbescheide sind seit Beginn der Maßnahmen ergangen? Trifft es zu, daß die Zahl der Kontrollierten und verwarnten Männer bereits jetzt im dreistelligen Bereich liegt?
- Bei dem für die Bußgeldbescheide in Frage kommenden § 118 des Ordnungswidrigkeitengesetzes handelt es sich um eine Kann-Bestimmung. Warum wird diese Bestimmung jetzt durch extra eingeleitete Maßnahmen so massiv angewandt?
- Wir gehen davon aus, daß die Maßnahmen auf einem in Ihrer Behörde erarbeiteten Konzept beruhen. Welche Abteilungen haben es erarbeitet und mit welchem Ziel?
- Seit wann wurde das Konzept innerbehördlich erstellt und wann zur Umsetzung freigegeben?
- Ging die Initiative zu diesen Maßnahmen vom Behördenleiter aus? Wenn nein: Von wem ging sie aus?
- Stehen die Ordnungsamts-Einsätze ihrer Behörde im Zusammenhang Äußerungen des Oberbürgermeisters Joachim Erwin (CDU), der im letzten Jahr bei einem Silvesterempfang Homosexuelle in Düsseldorf aufforderte, sich "nach Berlin zu verlegen" bzw. in der Kontinuität jener Maßnahmen ihres Amtes am Angermunder Baggersee im letzten Sommer?
- Hat Herr Erwin Ihrem Amt eine direkte Weisung für diese Aktionen erteilt? Wenn ja: An wen hat Herr Erwin diese Anweisung gegeben?
- Sind bei der Erarbeitung des Konzeptes andere mit dem Thema befaßte Behörden beratend hinzugezogen oder informiert worden, etwa der Homo-Beauftragte der Düsseldorfer Polizei oder die entsprechenden Beamten des Landeskriminalamts? Wenn nein: Warum nicht?
- War der sogenannte Runde Tisch aus Stadtveraltung und Homosexuellengruppen beratend einbezogen oder informiert? Wenn nein: Warum nicht?
- Betroffene berichten, ihnen seien Bußgeldbescheide in Höhe von jeweils insgesamt rund 270 Euro ausgestellt worden. Woraus erklärt sich die unverhältnismäßige Höhe dieser Geldstrafen?
- Im Rahmen des Bußgeldverfahrens werden routinemäßig Angaben zur Person behördlich gespeichert, die in diesem Falle Aufschlüsse über eine mögliche sexuelle Orientierung der Betroffenen geben könnten ("Rosa Listen"). Ist die Datenschutzbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalens vom Ordnungsamt über diesen Sachverhalt informiert worden oder wurde sie beratend hinzugezogen?
- Welche Behörden haben ggf. Zugriff auf diese Datensammlung?
- Sind bereits entsprechende Daten von anderen Behörden abgefragt oder übermittelt worden? Wenn ja: Von wie vielen Betroffenen und zu welchem Zweck?
- Wie lange werden die entsprechenden Daten behördlich gespeichert?
- Kann der Betroffene selbst eine Löschung der Daten verlangen? Wenn ja: in welcher Form?
Wir bitten Sie, die Punkte unserer Anfrage die wir routinemäßig vorab auf unserer Homepage veröffentlichen werden möglichst einzeln zu beantworten und erlauben uns zudem, unser Schreiben Düsseldorfer Ratsabgeordneten sowie verschiedenen Homosexuellengruppen der Stadt zu übermitteln.
Wir bitten um eine Eingangsbestätigung und verbleiben mit freundlichen Grüßen
Dirk Ruder
NRW-Redaktion